Zweitgrößter deutscher Baukonzern pleite - Insolvenzverfahren beantragt

Banken verweigerten Philipp Holzmann AG weitere Unterstützung

  • Lesedauer: 3 Min.
Das Schicksal des Baukonzerns Holzmann ist besiegelt. Auf Grund akuter Zahlungsunfähigkeit hat der Vorstand der Philipp Holzmann AG am Donnerstagabend beim Amtsgericht Frankfurt(Main) ein Insolvenzverfahren beantragt.
Frankfurt(Main)/Berlin (Agenturen/ ND). Noch am Donnerstagnachmittag hatte der Holzmann-Vorstand an die drei Großbanken Dresdner Bank, Commerzbank und HypoVereinsbank appelliert, doch noch dem vorliegenden Rettungskonzept zuzustimmen. Die drohende Pleite konnte damit jedoch nicht mehr abgewendet werden. Auch die jüngsten Zusagen der Deutschen Bank zur Bereitstellung neuer Barmittel brachten keinen Durchbruch bei den Verhandlungen. Das Institut ist mit 19,6 Prozent größter Anteilseigner und mit ausgereichten Krediten von rund 320 Millionen Euro auch größter Gläubiger bei Holzmann. Der Sanierungsplan sah eine Finanzspritze und einen rückwirkenden Forderungsverzicht von zusammen rund 200 Millionen Euro vor. Im Gegenzug sollten die Gläubigerbanken ein Zugriffsrecht auf die Holzmann-Tochter HSG Technischer Service GmbH erhalten. Die Deutsche Bank wollte nach Angaben von Finanzvorstand Johannes Ohlinger nochmals zusätzliche Finanzmittel bereitstellen, um die unmittelbar drohende Zahlungsunfähigkeit abzuwenden. Dazu gehörten Barmittel in Höhe von 50 Millionen Euro und eine Bürgschaft über 10 Millionen Euro. Darüber hinaus wollte die Deutsche Bank den Rückkauf von Wandelschuldverschreibungen unterstützen, die das Holzmann-Eigenkapital um 120 Millionen Euro verbessert hätten. Der Hauptgeschäftsführer des Zentralverbands des Deutschen Baugewerbes, Karl Robl, hatte schon vor der Erklärung des Konzerns gesagt: »Holzmann scheint wohl nicht mehr zu retten zu sein«. Er kritisierte, dass sich die Banken, allen voran die Deutsche Bank, weitgehend aus der Finanzierung des Mittelstandes verabschiedeten und gleichzeitig einem maroden Konzern Geld hinterher geworfen werde. Im Bundestag kam es am Donnerstag zu einer scharfen Auseinandersetzung über die Krise des Konzerns. Unionsfraktionschef Friedrich Merz warf Bundeskanzler Gerhard Schröder vor, sein Einsatz für die Rettung von Holzmann vor zwei Jahren habe Hunderte Pleiten mittelständischer Bauunternehmen nach sich gezogen. FDP-Wirtschaftsexperte Rainer Brüderle sagte, Schröders Einsatz 1999 habe sich nicht ausgezahlt und zeige jetzt seine teuren Folgen. »Damit wird das Holzmann-Fiasko zum Schröder-Fiasko.« Während sich der Kanzler in der Debatte nicht zu Holzmann äußerte, wies Außenminister Joseph Fischer (Grüne) die Kritik zurück. Die Regierung werde weiter nicht tatenlos zusehen, wenn Tausende Arbeitsplätze bedroht seien. Schröder hatte sich im November 1999 persönlich für die Sanierung von Holzmann eingesetzt. Der Bund hatte damals rund 250 Millionen Mark zur Verfügung gestellt. Im Bankenviertel von Frankfurt(Main) hatten noch am Donnerstag etwa 400 Holzmann-Beschäftigte und Gewerkschafter für die Rettung des zweitgrößten deutschen Baukonzerns mit rund 23000 Beschäftigten demonstriert. »Wir appellieren nochmals an die noch kritisch eingestellten Banken, die Umsetzung des Konzeptes mitzutragen. Da es sich letztlich um ein Konzept der wirtschaftlichen Vernunft handelt, das unnötigen Schaden von der Gesellschaft, den Menschen im Unternehmen, den Banken und anderen Gläubigern, wie unseren Nachunternehmern abwendet«, lautete der Hilferuf des Holzmann-Vorstands. Für die insgesamt 23 Gläubigerbanken bedeute das Sanierungskonzept nur ein Risiko, sowie einen Forderungsverzicht von rund 250 Millionen Euro. Die Schäden einer Insolvenz würden sich dagegen auf mindestens 1,3 Milliarden Euro summieren. Darüber hinaus seien etwa 25000 Arbeitsplätze bei Holzmann und den Nachunternehmen gefährdet. Nach dpa-Informationen hängt das Schicksal des zweitgrößten deutschen Baukonzerns mit seinen 23000 Beschäftigten aktuell an einer Summe von 30 Millionen Euro. Diese Kreditlinie werde derzeit von einigen Banken blockiert. Die IG BAU sprach sich gegen eine erneute Vermittlung von Schröder aus. Die bei der Rettung Ende 1999 vom Bund zugesicherten Hilfen seien bis heute vom Holzmann-Vorstand nicht abgerufen worden, sagte der stellvertretende Vorsitzende der Industriegewerkschaft Bauen- Agrar- Umwelt (IG BAU), Ernst-Ludwig Laux. »Der Kanzler kann kein weiteres Argument in die Waagschale werfen«, sagte Laux. Die Commerzbank sei »nach wie vor bereit, eine vernünftige wirtschaftliche Lösung zu begleiten«. Man warte auf ein entsprechendes Angebot. Auch die Dresdner Bank macht ihre Position von einem neuen Konzept abhängig. Der HypoVereinsbank lägen keine neuen Vorschläge für ein tragfähiges Sanierungskonzept vor, hieß es in Finanzkreisen.

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