Der neue Liebling

Martin Kaymer macht Golfklubs Hoffnung

  • Oliver Händler
  • Lesedauer: 3 Min.

Es flog sich schön unter dem Radar des Massenpublikums, doch wer zu den 20 besten der Welt gehört, wird irgendwann entdeckt. So geschieht es derweil dem deutschen Golfprofi Martin Kaymer. Nach zwei Turniersiegen in Serie hat ihn ein medialer Windstoß erwischt, der sich durch den dritten Sieg zum Tornado entwickeln könnte. Denn der käme bei den British Open, dem wichtigsten Turnier der Golfwelt. Nach den ersten zwei Tagen hat Kaymer im schottischen Turnberry die Qualifikation für die beiden Finalrunden am Wochenende locker geschafft und sein Rückstand auf die Spitze ist alles andere als uneinholbar.

Der 24-Jährige bedient das Lieblingsbild, das sich die Deutschen von ihren Sportstars machen. Trainingsfleißig, zurückhaltend und ohne Eskapaden. So wie es Dirk Nowitzki seit Jahren vorlebt – mal abgesehen von einem Fehltritt beim Aussuchen seiner Geliebten. Oder wie Jan Ullrich – mal abgesehen von den Partydrogen und den Blutbeuteln in spanischen Kühlschränken. Kaymer redet nicht viel, lebt die meiste Zeit in Arizona in den USA und lässt am liebsten sein gutes Golfspiel die Schlagzeilen produzieren.

Einige Zeitungen sind nach seinen Siegen beim lukrativsten Turnier der Europaserie in Paris und eine Woche später im schottischen Loch Lomond auf ihn aufmerksam geworden und vergleichen den neuen Weltranglisten-Elften, wie soll es anders sein, mit Bernhard Langer. Den kennen die Leute noch. Ein Lobgesang folgt dem nächsten, dabei hat Kaymer mit den beiden jüngsten Erfolgen sein Siegeskonto aus drei Jahren gerade einmal verdoppelt. Kurz zuvor war er in München am Cut gescheitert und landete 82 Plätze hinter dem alternden Langer. Ein Überflieger Marke Tiger Woods ist Kaymer nicht.

Der Deutsche Golfverband hat trotzdem nach einem wie Kaymer gesucht. Schon lange wird behauptet, der Golfsport befinde sich auf dem Weg heraus aus der Nische des Elitensports. Doch geschafft hat er es noch immer nicht. Mit Kaymer, so hoffen die Golfklubs, fänden Jugendliche endlich das Vorbild, dem sie folgen wollen. Dabei werden die Hürden gern unterschlagen, die den jungen Möchtegerngolfern weiterhin im Weg rumliegen, um die sich Kaymer aber nie kümmern musste. In seiner Familie war Golf nie exotisch. Vater und Mutter spielen seit Jahren. Ein gesundes Grundeinkommen darf man also voraussetzen, auch wenn Kaymer ungern über seine Familie spricht.

Günstige Ausrüstungen gibt es in entsprechender Qualität zwar mittlerweile schon bei Discountern zu kaufen, aber nicht zuletzt Klubmitgliedschaften von häufig über 1000 Euro im Jahr schrecken die meisten Eltern nach wie vor davon ab, ihre Kinder zum Golfen zu bringen. Erst wenn sie wie Kaymer ein gewisses Potenzial erkennen lassen, werden sie von Verbänden und Sponsoren gefördert.

Martin Kaymer muss sich darüber keine Gedanken mehr machen. In den vergangenen 14 Tagen hat er über eine Million Euro verdient. Für einen Sieg am Sonntag bekäme er auf einen Schlag über fünf Millionen dazu. Na wenn das kein Anreiz für die Jugend ist, zum Schläger zu greifen.

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