Rückenwind für Barack Obama

Arbeitslosenzahl rückläufig – laut Statistik

  • Reiner Oschmann
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Optimisten in den USA sehen Licht am Ende des Tunnels: Im Juli ist die Arbeitslosenquote überraschend leicht zurückgegangen. Doch von einer stabilen Trendwende kann bei Lichte betrachtet keine Rede sein.

In den vergangenen Wochen war USA-Präsident Barack Obama unter immer stärkeren Druck geraten, weil das zu Jahresbeginn verabschiedete Konjunkturprogramm in Höhe von 787 Milliarden Dollar (549 Mrd. Euro) zunächst keine durchschlagende Wirkung auf den Arbeitsmarkt gezeigt hatte. Nun ist die offizielle Arbeitslosenquote im Juli überraschend leicht zurückgegangen. Sie sank von 9,5 auf 9,4 Prozent, absolut auf 14,5 Millionen. Es handele sich um den ersten Rückgang seit April 2008, teilte das Arbeitsministerium mit.

Präsident und Umgebung zeigten sich einerseits überrascht und sahen in den jüngsten Zahlen den Hinweis darauf, dass es gelingen kann, die größte Volkswirtschaft der Welt vom Abgrund der Depression zurückzuholen. Andererseits erklärte Präsidentensprecher Robert Gibbs, Obama rechne weiter mit einem Zuwachs der Arbeitslosenquote bis Jahresende auf zehn Prozent. Der Präsident selbst gab sich in einer kurzen Stellungnahme erleichtert – und zu verstehen, dass das im Februar vom Kongress verabschiedete Rettungsprogramm zu greifen beginne.

Der Recovery Act, von dem bisher erst 100 Milliarden Dollar »in die Wirtschaft getröpfelt« seien und das Gros erst nächstes Jahr wirken werde, verhindert offenkundig noch Schlimmeres. Jared Bernstein, Wirtschaftschefberater von Vizepräsident Joseph Biden, erklärte jetzt: »Die Fingerabdrücke des Rettungsplans finden sich in den Juliziffern überall. Hätten wir die wirtschaftliche Belebung nicht gehabt, die vom Recovery Act ausgeht, wären im Vormonat einige Hunderttausend weitere Arbeitsplätze verloren gegangen.«

Allerdings schrumpfte die Zahl der Arbeitsplätze auch im Juli um 247 000. Was auf den ersten Blick die Frage offen lässt, wie die Gesamtquote der Arbeitslosigkeit dennoch rückläufig sein kann. Die Antwort liegt in einem Statistiktrick. 422 000 Arbeitslose, die sich im Juli entmutigt nicht länger als arbeitssuchend erfassen ließen, aber weiter ohne Job sind, wurden rausgerechnet. So schrumpfte – statistisch – der Gesamtpool der arbeitsfähigen Bevölkerung ...

Wenn man den offiziellen Trend dennoch als Erholungsanzeichen sieht, hat das vom Senat gerade um zwei Milliarden Dollar aufgestockte Programm der Abwrackprämie (»Cash for clunkers« – Bares für Rostlauben) gewiss dazu beigetragen. Anders als sein deutsches Vorbild zielt es auf eine bescheidene ökologische Lenkung: Autobesitzer, deren Wagen auf 100 Kilometer 13 Liter oder mehr verbraucht, können im Tausch gegen einen verbrauchsfreundlicheren Pkw ihren Altwagen verschrotten lassen und dafür bis zu 4500 Dollar (etwa 3400 Euro) Prämie erhalten. Zusammen mit der Wiedereröffnung einiger Montagewerke von General Motors und Chrysler entfaltet die Prämie ein Strohfeuer für Autoindustrie und Zulieferer. Dennoch gingen im Juli auch hier 52.000 Jobs verloren.

Wie trügerisch der Trend bleibt, unterstreicht die Zunahme der Langzeitarbeitslosen und die zum Jahresende drohende völlige Mittellosigkeit bisheriger Empfänger von Arbeitslosenunterstützung. Die Zahl derer in den USA, die ein halbes Jahr oder länger vergeblich eine neue Beschäftigung suchen, wuchs im Juli um 584 000. Inzwischen ist ein Drittel aller registrierten Arbeitslosen 27 Wochen oder länger ohne Job – einen so hohen Stand der Langzeitarbeitslosigkeit hat es in den 61 Jahren seit Erfassung der Daten nicht gegeben.

Für die nächsten Monate, errechnete die »New York Times«, »werden die Beihilfen von bis zu eineinhalb Millionen arbeitsloser US-Amerikaner aus ihrer Arbeitslosenversicherung auslaufen und damit den letzten Schutz gegen Zwangsversteigerungen und Verelendung verlieren«. Infolge von Notmaßnahmen, die der Kongress in Kraft gesetzt hat, können Arbeitslose in knapp der Hälfte der 50 Bundesstaaten heute bis 79 Wochen »Stütze« beziehen, die längste Dauer seit Einführung der Arbeitslosenversicherung in den 30er Jahren. Die derzeitige Krise ist jedoch so tief, dass ein wachsender Teil der Arbeitslosen auch in dieser Zeit keine neue Anstellung findet und alle Ansprüche verliert.

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