Die »Bombe im Eis« existiert doch nicht

Grönland: US-Atomwaffen bei Absturz zerstört

  • Andreas Knudsen, Kopenhagen
  • Lesedauer: 2 Min.
Jahrelang hielt sich das Gerücht, eine der 1968 beim Absturz eines US-Bombers verlorenen Wasserstoffbomben stecke noch im grönländischen Eis. Das konnten dänische Wissenschaftler jetzt widerlegen.

Der 21. Januar 1968 war ein schwarzer Tag für Grönland: Ein US-amerikanischer B52-Bomber stürzte unweit der Basis Thule ab. An Bord befanden sich vier Wasserstoffbomben, die jedoch nicht scharf gemacht waren. Die Maschine befand sich auf einem »Routineflug« von den USA über Grönland zur sowjetischen Grenze in der Arktis. Auf einen entsprechenden Befehl hin hätte auch dieser Flug in einen Kampfeinsatz umgewandelt werden können.

Der Absturz brachte ans Licht, dass es solche Flüge gab und die offizielle dänische Politik der Atomwaffenfreiheit in Friedenszeiten nur auf dem Papier bestand. Nur eine Handvoll der führenden dänischen Politiker, unabhängig vom jeweiligen Parteibuch, wusste über diese Flüge Bescheid. Gegenüber der Öffentlichkeit gab man sich natürlich unwissend.

Bei den Bergungsarbeiten nach dem Absturz kamen bis zu 1700 Helfer zum Einsatz, zumeist Dänen und Grönländer. Sie wurden jedoch nicht in den Bereichen mit höchster Verstrahlung eingesetzt, dort arbeiteten USA-Spezialisten. Trotz Washingtoner Angaben, dass alle Bomben zerstört wurden und sich das Plutonium in Partikelform über das Absturzgebiet verteilt habe, wurde stets vermutet, dass eine der vier Bomben weiterhin im Eis steckt und eine immense Umweltgefahr darstellt. Nachdem eine BBC-Sendung im vergangenen Jahr das Thema abermals aufgegriffen hatte, bat der dänische Außenminister Per Stieg Møller Forscher des unabhängigen dänischen Instituts für Internationale Studien, die Dokumente nochmals zu studieren. Sie stießen dabei auf eine Notiz, die besagte, dass die Masse der in die USA verbrachten Reste 94 Prozent der ursprünglichen Bomben ausmachte und folglich keine Bombe mehr unter dem Eis zu finden sei. Auch die berechnete Menge des verstreuten Plutoniums entspricht etwa den 7,5 Kilogramm, die sich in den Bomben befanden.

Fragen gibt es dagegen zum Gesundheitszustand der eingesetzten Bergungskräfte. Sie bekamen 1995 eine Pauschalentschädigung von umgerechnet etwa 6700 Euro für eventuelle Gesundheitsschäden. Eine statistisch höhere Sterblichkeit bei ihnen liegt vor, doch offen ist, ob diese auf Kernstrahlung oder – wie das dänische Krebszentrum vermutet – auf das arktische Klima, Alkohol- und Tabakschäden und möglicherweise Asbestbelastungen zurückzuführen sind. »B52«, der Verein der Einsatzkräfte, kämpft indes weiter um die Freigabe von Gesundheitsinformationen und eine höhere Entschädigung.

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