Erster Frontalangriff auf Barack Obama

Republikaner nutzen die Gesundheitsreform für eine Verteuflungskampagne gegen den US-Präsidenten

  • Reiner Oschmann
  • Lesedauer: 3 Min.
US-Präsident Barack Obama hat den Gegnern seiner Gesundheitsreform gezielte Irreführung und Angstmacherei vorgeworfen. Er reagierte damit auf den wachsenden Widerstand gegen seinen Plan.

Präsident Obama will das Gesundheitssystem der USA reformieren und im Zuge der Modernisierung jedem der 300 Millionen US-Bürger eine Krankenversicherung ermöglichen. Dieses Vorhaben, sein wichtigstes sozialpolitisches, reicht aus, um im Land der unbegrenzten Möglichkeiten eine schrankenlose Verteuflungskampagne gegen die Reform zu inszenieren. Gleichzeitig sind in den letzten Tagen die Attacken der Republikaner von Amtsvorgänger George W. Bush, rechter Medien und der Pharmaindustrie der erste Frontalangriff auf den Präsidenten. Mehrfach erklärten Republikaner, die Vereitelung der Gesundheitsreform biete eine Chance, den Präsidenten politisch entscheidend zu schwächen.

Obama geht im Bewusstsein der Gefahr jetzt zum Gegenangriff über. Er und Mitglieder seiner Demokratischen Partei sind zu einer Vielzahl sogenannter Rathausversammlungen ausgezogen, um die Reform zu verteidigen. In ihrem Kern geht es darum, den Teuerungsprozess für das bereits teuerste nationale Gesundheitssystem der Welt, das in vieler Hinsicht zugleich eines der schlechtesten ist, zu stoppen. Zugleich soll es für die gegenwärtig rund 47 Millionen Bürger ganz ohne Krankenversicherung einen Versicherungsschutz geben. Im Vorjahr betrugen die Ausgaben für den Gesundheitsdienst 2,4 Billionen Dollar. Ohne Reform würden sie sich nach Schätzungen in der nächsten Dekade auf bis zu 4,4 Billionen Dollar jährlich erhöhen. Die staatlichen Investitionen für den Aufbau eines neuen Gesundheitssystems – die Rede ist von 634 Milliarden Dollar – will der Präsident ausdrücklich durch Steuererhöhungen für besonders reiche US-Amerikaner und Kostensenkungen finanzieren.

Reformkritiker operieren mit dem Vorwurf, der Präsident wolle »die Regierung zwischen Arzt und Patienten stellen« oder, wie Karl Rove, der einstige Chefstratege von George W. Bush, sagte: »... den Sozialismus in jeden OP-Saal und jede Arztpraxis holen«. In McCarthy-Manier agierte die Vizepräsidentschaftskandidatin der Republikaner von 2008, Sarah Palin: Obama wolle ein »Todesgremium« schaffen, das darüber befinden solle, wer es wert ist, medizinische Maßnahmen zu erhalten. »Ein solches System ist geradezu böse.«

Der chauvinistische Radiomoderator Rush Limbaugh, der landesweit ein Millionenpublikum hat, verglich das Logo des Reformplans mit dem Hakenkreuz, und der dienstälteste Senator der Republikaner im Finanzausschuss, Chuck Grassley, behauptete allen Ernstes, dass ein Mann wie der an einem Gehirntumor leidende Senator der Demokraten Ted Kennedy unter einem Gesundheitsdienst, wie er heute in Großbritannien bestehe und nach der Reform für die USA erwartet wird, nicht mehr behandelt werden würde.

Auf einem der Townhall-Meetings rechnete Obama scharf mit dieser Kampagne ab. In Portsmouth (New Hamsphire) sagte er: »Wo wir anderer Meinung sind, sollten wir sie auf Punkte stützen, die Tatsachen betreffen und nicht jene böswilligen Interpretationen, die rein gar nichts mit unseren Vorschlägen zu tun haben.« Obama gab sich entschlossen, die Reform voranzutreiben. Die Bürger seien heute gezwungen, »sich durch ein System zu kämpfen, das Pharmaunternehmen und Versicherungen besser behandelt als die Bevölkerung«. Er ringe um Unterstützung auch der Republikaner für die Reform, über die nach Beendigung des Kongressurlaubs am 8. September abgestimmt werden soll. Obama ließ keinen Zweifel daran, das Gesetz notfalls im Alleingang der Mehrheitsfraktion der Demokraten durchzubringen. Wahrscheinlicher dürften Kompromisse sein, die manche Vorhaben verwässern würden.

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