»Zutiefst private Angelegenheit«
Christandl-Familie kritisiert Althaus scharf
Wer wie Thüringens Ministerpräsident Dieter Althaus ein Bundesland regiert, muss ein Gespür für die Stimmung der Menschen haben. Doch in den vergangenen Monaten scheint der CDU-Politiker nicht immer die richtigen Worte gefunden zu haben. »Unangebracht und pietätlos« seien seine Äußerungen, wurde ihm nun gut eine Woche vor der Landtagswahl in der »Welt« vorgehalten. Von »Vertrauensbruch« ist gar die Rede. Die bittere Anklage stammt nicht etwa von der Opposition, sondern von der Familie der Frau, die nach einem Zusammenstoß mit Althaus am Neujahrstag auf einer Skipiste gestorben war.
Das Unglück traf Althaus damals schwer. Er kehrte erst im April auf die politische Bühne zurück, um sich am 30. August nach sechs Jahren Amtszeit zur Wiederwahl zu stellen. Nach der körperlichen Gesundung folgte zunächst die rechtliche Aufarbeitung: Der 51-Jährige wurde wegen fahrlässiger Tötung zu einer Geldstrafe verurteilt und auch die juristische Auseinandersetzung mit den Hinterbliebenen der Mutter eines kleinen Kindes ist noch nicht beendet.
Doch während sich die Opposition an ihre Zusage hielt, den Unfall nicht im Wahlkampf auszuschlachten, machte Althaus das Ereignis selbst in den Medien zum Thema. Die Familie der gestorbenen Beata Christandl kritisierte nun über ihren Anwalt den Umgang des Ministerpräsidenten mit dem Unglücksfall: Da der Tod der 41-Jährigen eine »zutiefst private Angelegenheit der Familie ist, werden die jüngsten Berichte über den tragischen Skiunfall nicht nur als Vertrauensbruch, sondern als unangebracht und pietätlos bewertet«. Und anders als von dem CDU-Politiker behauptet, sei ihm von »einem freundschaftlichen Kontakt« zwischen Althaus und dem Witwer nichts bekannt.
Von dem angeblich freundschaftlichen Kontakt zu dem Witwer hatte Althaus zu Monatsbeginn in einem doppelseitigen Interview mit der »Bild am Sonntag« gesprochen. Der Unfall habe ihm einen »Schub für mehr Sensibilität« für seine Mitmenschen verliehen. Auch gehe es ihm körperlich gut, er spiele bloß zur Zeit nicht Fußball, sagte der passionierte Sportler. Zudem berichtete der CDU-Politiker von einem Gebet am Grab der Toten.
Gegen den Vorwurf, den Unfall im Wahlkampf für sich zu nutzen, wehrte sich Althaus am Freitag mit dem Hinweis, er spreche das Thema bei seinen Wahlkampfauftritten »auf keinem einzigen Marktplatz« an. Dass er das Unglück gleichwohl in dem Interview angesprochen hat, liegt nach Ansicht des Medienexperten Jo Groebel daran, dass er es selbst bestimmen wolle. »Bei gesundem Menschenverstand lösen diese Äußerungen aber Stirnrunzeln aus.«
Auch die Opposition in Thüringen kritisiert den Umgang des Ministerpräsidenten mit dem Unfall. SPD und LINKE sprachen von »schamloser Selbstinszenierung«. SPD-Spitzenkandidat Christoph Matschie warnte Althaus davor, den Unfall im Wahlkampf zu instrumentalisieren, indem er sich in die »Opferrolle« mogele.
Wie die Thüringer reagieren, wird sich bei der Wahl am übernächsten Sonntag zeigen. In jüngsten Umfragen liegt die bislang mit absoluter Mehrheit regierende CDU nur noch bei rund 35 Prozent.
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