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Pressefreiheit à la Berlusconi
Jedes Jahr veröffentlichen verschiedene internationale Organisationen Ranglisten über die Pressefreiheit in der Welt. Italien rangiert irgendwo zwischen Panama, Bulgarien, der Mongolei und Mazedonien. Irgendwo zwischen einem »freien« und einem »halb-freien« Land. Wenn man in Italien lebt und auch noch tagtäglich mit den Medien zu tun hat, tendiert man eher dazu, Italien als »halb-frei« einzustufen. Ein einziges Beispiel mag reichen: Kürzlich forderte Ministerpräsident Berlusconi während einer öffentlichen Veranstaltung die Unternehmer auf, keine Werbung in der Zeitung »La Repubblica« zu schalten, die in den letzten Monaten immer wieder so genannte »pikante« Details seines so genannten »Privatlebens« aufgedeckt und veröffentlicht hat.
Aber vielleicht würde es schon ausreichen, wenn man daran erinnert, dass der Regierungschef auch der größte Medienunternehmer des Landes ist. Ihm gehören die drei größten privaten Fernsehsender, der größte Zeitschriften- und Buchverlag, eine Reihe von Zeitungen und – was wohl in dieser Liste am schwersten wiegt – die Werbeagentur, von der praktisch alle privaten Fernsehsender und ein Großteil der Printmedien abhängig sind. Über die Regierung beherrscht Berlusconi darüber hinaus das öffentlich-rechtliche Fernsehen RAI und kann er starken Druck auf den größten Teil der anderen Medien ausüben. In Italien gehören die Zeitungen nicht Verlegern, die mit diesem Metier ihr Geld verdienen, sondern Wirtschaftsunternehmen (auch FIAT ist darunter), die häufig von öffentlichen Aufträgen abhängig sind. Wenn man dazu noch den möglichen (und immer wieder auch durchgeführten) Werbeboykott zählt, wird offensichtlich, dass in Italien die Medien »nicht frei« sind.
Wohlgemerkt: Das hat mit Zensur im klassischen Sinn nichts zu tun. In den italienischen Medien findet man (fast) jede Information irgendwo, wenn man nur ordentlich sucht. Aber welcher »Normalsterblicher« hinterfragt schon alles was er hört und begibt sich jeden Tag auf Forschungsreise, um das aufzustöbern, was möglicherweise nur im Verborgenen blüht. Hier geht es um den alltäglichen Konsum, um die Menschen, die abends im Fernsehen Nachrichten schauen und vielleicht mal im Laufe des Tages eine Zeitung aufschlagen. Und die bekommen die Informationen so aufbereitet und aufgetischt, wie es der Regierungskoalition passt. Sicher gibt es auch in dieser TV-Landschaft hier und dort mal eine kritische Sendung. Die ist in der Öffentlichkeit aber auch gleich als »links« oder gar »kommunistisch« eingestuft, was auf der einen Seite heißt, dass auch das Publikum schon von vornherein feststeht, und auf der anderen, dass diese Sendungen eigentlich nie von den anderen Medien aufgegriffen werden, selbst dann nicht, wenn sie relevante Fakten aufdecken. Der geringe nicht-regierungsabhängige Anteil der Informationslandschaft fristet sein Dasein also in einem Ghetto, aus dem kaum etwas nach Außen dringt.
Das ist sicherlich keine (Presse)-Freiheit. Und das ist bekannt – zumindest in groben Zügen. Auch in Europa wissen die Regierungen und die EU-Institutionen sehr wohl, wie es um die Pressefreiheit in Italien bestellt ist. Aber sie und auch die jeweiligen Presseorgane schweigen und stufen die Lage in Italien höchstens als »Anormalität«, wenn nicht sogar als »Folklore« ein.
Ach, da gibt es noch eine Kleinigkeit, die vielleicht all das eben geschriebene noch ein bisschen klarer macht. Zum ersten Mal wird das Fernsehmonopol des Herrn Berlusconi heute etwas angekratzt, und zwar durch ein Bezahlfernsehen, das inzwischen relativ hohe Einschaltquoten und Werbeeinnahmen hat. Es heißt »Sky« und gehört Rupert Murdoch. Und wer auch nur einmal etwas über diesen Mann gehört hat, weiß, dass es eigentlich ein Treppenwitz der Geschichte ist, dass in Italien die Hoffnungen in Sachen Pressefreiheit auf seinen Schultern liegen.
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