Italien bejubelt Diegogol

Der ehemalige Bremer Fußballer will über Turin nach Südafrika

  • Tom Mustroph, Turin
  • Lesedauer: 3 Min.

Zwei Pflichtspiele erst hat Diego Ribas da Cunha, genannt Diego, in der weiß-schwarzen Spielkleidung von Juventus Turin absolviert – und schon erklären seine neuen Fans den ehemaligen Bremer Fußballer zum legitimen Nachfolger von Zinedine Zidane.

Der Franzose hatte Wochen gebraucht, sich in der neuen Mannschaft und vor allem in der knochenharten italienischen Serie A einzuleben. Der Brasilianer Diego hingegen schlug sofort ein. Mit zwei Toren und einer Torvorlage hat er der »alten Dame« quasi im Alleingang die sechs Punkte beschert, die die momentane Tabellenführung bedeuten.

Dabei trat er nur als Teilzeit-Spielmacher auf. Diego ist nicht zu hundert Prozent fit. Er hat die Vorbereitung aufgrund von Muskelproblemen nur sporadisch absolviert. Auch unter der Woche war meist schonendes Einzeltraining angesagt. »Wir haben unser System umgestellt und einen Monat lang auch ohne Diego in der Konstellation trainiert, in der er seine Stärken am besten einbringen kann«, erzählt Abwehrspieler Cannavaro.

Beim mit 3:1 gewonnenen Spiel beim AS Rom waren die Auswirkungen des Phantomtrainings durchaus zu spüren. Diego war am rechten Platz. Doch der Ball ignorierte ihn. Nicht einmal ein Einwurf gelangte zu ihm. Erst nachdem er seinen kleinen Körper zu einem sehenswerten Tackling waagerecht in die Luft befördert hatte, wurden seine Mitspieler auf ihn aufmerksam und bedachten ihn mit Zuspielen. Diego wurde nun aktiver. Flüssige Kombinationen hatten aber Seltenheitswert.

Diegos Tore gegen AS Rom entsprangen Einzelleistungen. Erst nahm er dem unsicheren Cassetti den Ball vom Fuß, sprintete mit seinen kurzen Beinen über den halben Platz und versenkte den Ball schließlich kaltschnäuzig. Das zweite Mal zog er trocken von der Strafraumgrenze ab.

Gerade weil Juventus seit dem Wiederaufstieg den rustikalen Kampf praktiziert, werden die technischen Finessen Diegos nun so gefeiert wie ein paar unverhoffte Wassertropfen in der Wüste. Sie werden vor allem deshalb bejubelt, weil Diego sich auch defensiv nicht schont. »Er ist gut, wenn wir in Ballbesitz sind, und er ist gut, wenn wir den Ball nicht haben«, lobt Trainer Ciro Ferrara. Der Ex-Assistent von Nationalcoach Lippi ist auch von den technischen Fertigkeiten Diegos begeistert.

Diego selbst hat sich ebenfalls gewandelt. Nicht als Spieler, aber doch im öffentlichen Auftritt. Der in Bremer Tagen eher zurückhaltend wirkende Brasilianer hat sich vom aufreizenden Selbstbewusstsein bei Juventus anstecken lassen. »Wieso Meisterschaft oder Champions League? Wir wollen beides gewinnen«, verkündet er.

Die ganze Aufmerksamkeit des Brasilianers mit italienischem Pass gilt aber seinem neuen Karriereabschnitt. Er will in die Nationalmannschaft, nicht in die italienische, sondern in die brasilianische Selecao. »Über gute Leistungen bei Juventus will ich zur WM 2010 nach Südafrika«, umreißt Diego sein Fernziel. Italien jedenfalls liegt »Diegogol« zu Füßen. Wenn er weiter so gut spielt, läßt sich vielleicht auch Brasiliens Nationalcoach Carlos Dunga erweichen.

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!
- Anzeige -

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.