Fast alle sind für NATO und Afghanistan
CDU will Bundeswehr auch im Innern einsetzen
Deutschlands Staatsräson ist die NATO. Dieses Diktum des Ex-Bundeskanzlers Helmut Schmidt könnte zugleich das Motto für die außenpolitischen Kapitel der Wahlprogramme der Bundestagsparteien, mit Ausnahme der LINKEN, abgeben. CDU, SPD, FDP und Grüne stehen in der Außenpolitik eng beieinander, insbesondere wenn es um den Krieg in Afghanistan geht: Sie sprechen sich grundsätzlich für den Verbleib der deutschen Truppen aus. Zwar schließen sie einen Abzug der Bundeswehr nicht aus, dokumentieren jedoch vor allem den fehlenden Willen, Deutschland praktisch aus dem Krieg zu führen.
Die Union hält den Abzug für möglich, wenn »tragfähige staatliche Strukturen« geschaffen worden sind. Die FDP will die »internationale Truppenpräsenz« für eine »Übergangszeit«. Die SPD will die Bundeswehr dann abziehen, wenn die afghanischen Sicherheitskräfte in der Lage sind, zu verhindern, dass das Land wieder zum »Zufluchtsort für Terroristen« wird. Die Grünen bekennen sich zu ihrer »Verantwortung für Afghanistan«, kritisieren den »Krieg gegen den Terror« und kritisieren alles weitere, zu dem sie in der Ära ihres Außenministers Joschka Fischer Ja gesagt haben, nun als »kontraproduktiv«. Dabei schließen sie nicht mehr aus, sich sogar einer Verlängerung des Mandats für die Bundeswehr zu verweigern. Die aufmüpfige Rhetorik sollte aber nicht den Blick darauf verstellen, dass die Grünen sich nicht einmal trauen, von der absurden Sprachregelung abzuweichen, wonach die Bundeswehr keinen Krieg führt.
Neben Übereinstimmungen gibt es auch wichtige Differenzen. SPD, Grüne, und FDP wollen an der deutschen Außen- und Militärpolitik kaum etwas ändern, wenn man von der jeweils unterschiedlich akzentuierten Forderung, die Wehrpflicht abzuschaffen, absieht. Die Union will hingegen einen Politikwechsel. Sie möchte die Rolle des Militärs nicht nur in der Außen-, sondern auch in der Innenpolitik entgrenzen: Die Bundeswehr soll für Polizeiaufgaben eingesetzt werden können. In Notfällen.
Ein genauer Blick auf ihr Wahlprogramm zeigt, dass sich die Union weder einschränkungslos zum UN-Mandat für Auslandeinsätze, noch zum Prinzip der Parlamentsarmee bekennt. »Die Entscheidung über Auslandseinsätze treffen wir unter Beteiligung des Bundestages nach den Werten und Interessen Deutschlands und im Lichte unserer internationalen Bündnisverpflichtungen.« Beteiligung heißt nicht Zustimmung des Bundestags; im Lichte der Bündnisverpflichtungen heißt nicht UN-Mandatierung. Und wenn die Union sich weiter zur NATO-Erweiterung bekennt, will sie so den Beitritt der Ukraine und Georgiens als außenpolitisches Ziel festschreiben. Das bedeutet forcierte Konfrontation mit Russland.
Die SPD bekennt sich zum Ziel einer atomwaffenfreien Welt. Kein Zweifel, dass die SPD weltweit abrüsten will. Nur in Deutschland nicht. Klare Forderungen nach der Reduzierung des Wehretats bleiben der LINKEN vorbehalten. Die LINKE hat sich in ihrem außenpolitischen Programm gegen die eine Staatsräson gestellt, die von Frieden spricht, wenn sie Krieg meint. Ihre Forderung, die NATO durch ein kollektives Sicherheitssystem unter Einschluss Russlands zu ersetzen, mag, nicht einmal für alle ihre Wähler nachvollziehbar sein. Die LINKE bleibt aber die einzige Partei, die sich überhaupt mit grundsätzlichen außenpolitischen Alternativen beschäftigt.
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