Mafia-Müll im Mittelmeer entdeckt
30 Schiffe mit Atom- und anderen Giftabfällen auf dem Meeresgrund
Mafia und Müll – ein schier unerschöpfliches Skandal-Thema. 1993 habe er ein Schiff mit atomaren Abfällen vollpacken und versenken lassen, sagte Ex-Mafia-Boss Francesco Fonti bereits 2006 aus, um ein paar Jährchen Knast zu sparen. Die Aussage reichte angeblich nicht, um zu beweisen, dass die kalabrische 'Ndrangheta über Jahre hinweg große Mengen von Gift- und Atommüll im Mittelmeer »entsorgte« und dafür Millionenbeträge kassiert hat, die sie in den Drogen- und Waffenhandel investierte.
Jetzt jedoch wurde ein mögliches Beweisstück gefunden. Es ist ein gut 110 Meter langer Frachter. Er liegt 28 Kilometer vor Kalabriens Küste – 480 Meter tief. Ein Tauchroboter schickte Bilder nach oben: Aus dem Rumpf des Schiffes quellen Fässer, deren Gestalt Atommüllinhalt vermuten lässt. Alles spricht dafür, dass man die von Fonti beschriebene »Cunsky« entdeckt hat.
Die 'Ndrangheta habe einer Reederei in Messina einen Gefallen getan und pro Schiff 75 000 Euro kassiert, sagte Aussteiger Fonti 2006. »Ich weiß, dass damals viele Giftladungen auf diese Weise beseitigt worden sind, es waren mindestens 30 Schiffe.«
Es gab in der 80er und 90er Jahren verschiedene Anzeichen dafür, dass Schiffe, die auf mysteriöse Weise von den Meeresoberflächen verschwanden, ohne dass Versicherungen zur Kasse gebeten wurden, zur Beseitigung von gefährlichem Müll benutzt wurden. Greenpeace Deutschland hat seine Recherchen besonders über die illegale Entsorgung von deutschem und osteuropäischen Atommüll bereits 1994 an die zuständige italienische Staatsanwaltschaft geschickt. Geschehen ist nichts.
Die italienische Umweltschutzorganisation »Legambiente« forschte weiter und dokumentierte seit 1985 mehrere Verdachtsfälle. Aufgelistet sind die Schiffe »Mikigan«, »Nikos I«, »Rigel«, die maltesischen Rostdampfer »Anni« und »Euroriver« sowie die »Marco Polo«, die »Koraline« und die »Rosso«. Einige von ihnen sollen unter deutscher Flagge unterwegs gewesen sein.
Alle liegen nun – samt Fracht – in großer Tiefe. Ausgenommen die »Rosso«. Der italienische Kahn der Jolly-Reederei erregte als Waffenschmuggler im Iran-Irak-Krieg Aufsehen. Danach war die »Jolly Rosso« wie ihr Schwesterschiff »Jolly Rubino« als Giftmüllverbringer von Europa nach Afrika unterwegs. 1991 lief sie mit einer Restladung Giftmüll vor dem kalabrischen Vibo Valenzia auf Grund. Die Carabinieri stellten unter anderem verdächtige Seekarten als Indizien für planmäßige Gift-Verklappungen sicher. Kopien fand man bei der Reederei, der »Ocean Disposal Management« in der Schweiz. Geschehen ist nichts.
Nun schickt das Umweltministerium aus Rom eine »Task Force« nach Kalabrien, um die ermittelnde kleine Staatsanwaltschaft von Paola zu unterstützen. Fragt sich, in welcher Weise.
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