Bierverkoster – ein schwerer Job
In Bayern ermittelt derzeit eine Jury die beste von mehr als 800 Sorten
Gräfelfing (dpa/ND). Der Tag beginnt hart für Karl Schiffner. Schon am Vormittag arbeitet er sich mit seinen Kollegen durch verschiedene Bockbiere mit hohem Alkoholgehalt. Bis zum späten Freitagnachmittag werden noch mehrere Dutzend Gläser über seinen Tisch wandern. Den Verstand will er sich davon aber nicht trüben lassen. »Ab und zu muss man ans Fenster wegen der frischen Luft. Wenn man dazu viel Wasser trinkt, geht es aber«, sagt Schiffner. Schließlich ist er kein durchschnittlicher Konsument, sondern einer von 78 Juroren beim diesjährigen European Beer Star Award an der Brauakademie Doemens in Gräfelfing bei München.
Zum sechsten Mal veranstalten die Privaten Brauereien Bayern diesen Wettbewerb und noch nie war der Andrang so groß. 836 verschiedene Biere aus 35 Ländern wurden in den vergangen Wochen zur Teilnahme eingereicht. Das »European« im Namen ist dabei keine regionale Einschränkung, sondern steht laut Veranstaltern nur für ein Bekenntnis zur europäischen Biertradition. So sind auch Brauereien aus Japan, den USA oder El Salvador vertreten.
«Das Haus stößt an seine Grenzen«, sagt Alexander Herzog, der an diesem Tag die Besucher durch die oftmals überfüllten Räume führt. Von Leichtbier über Imperial Stout bis zu Belgischem Fruit Lambic sind in 45 verschiedenen Kategorien Gold-, Silber- und Bronzemedaillen zu vergeben – aber nur wenn es Kandidaten gibt, die sich in den Augen der Juroren für eine Auszeichnung eignen. Die Gewinner werden erst am 18. November in Nürnberg präsentiert.
Ähnlich international wie das Teilnehmerfeld ist die Gruppe der Juroren. Die 10 Teams sind mit Vertretern aus 17 Nationen besetzt, weshalb Englisch häufig Tischsprache ist. Die meisten von ihnen sind Braumeister, Fachjournalisten oder anerkannte Sommeliers. „Bei der Weltmeisterschaft musste ich Biere erkennen. Hier geht es ums Bewerten“, erklärt Schiffner. Der Prozess des Verkostens verläuft bei allen Testern gleich. Erst wird die Farbe der Biere verglichen. Die Palette reicht von Bernstein über Strohgelb bis hin zu Braun- und Schwarztönen. Dann stecken Schiffner und Kollegen die Nase tief ins Glas und versuchen, verschiedene Arten von Frucht- und Hopfengerüchen zu unterscheiden.
Nach diesen beiden Schritten reicht meist ein kleiner Schluck vom Bier, der aber anders als bei Weinverkostungen wirklich geschluckt werden muss. Nur so können die Geschmacksstoffe auch über den Gaumen wandern. Deshalb seien Bierverkostungen auch so anstrengend, erklärt ein Verkoster – weil man wirklich trinken müsse. Im Schnitt kommt ein Juror über den Tag verteilt trotzdem auf nicht mehr als eineinhalb Liter. Der Abend nach dem Wettbewerb ist dabei noch nicht eingerechnet.
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