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Offensive des Lächeln

Vattenfall, Betreiber des Pannen-AKW Krümmel, gibt sich transparent

  • Dieter Hanisch, Geesthacht
  • Lesedauer: 4 Min.
Während aus Berlin AKW-freundliche Signale kommen, setzt der Betreiber des Pannen-Kraftwerkes Krümmel zunächst seine Dialogstrategie mit den Anwohnern fort. Das Interesse an den Darstellungen des Vattenfall-Konzerns jedoch ist eher lau.

Dialog mit den Kritikern, Gespräche mit den Anwohnern: Der Energiekonzern Vattenfall hat im Rahmen seiner sich selbst verordneten neuen Transparenzkultur ins Informationszentrum des Kernkraftwerkes Krümmel eingeladen. So richtig trifft das Thema aber wohl doch nicht den Nerv der Einheimischen, denn gerade mal 70 Interessenten beteiligen sich, darunter auch einige AKW-Mitarbeiter. Und das obwohl Geesthacht, zu dem der Ortsteil Krümmel gehört, eigentlich 30 000 Einwohner zählt.

Damit der Abend nicht nur ein verbaler Akt wird, demonstrieren Anti-AKW-Aktivisten zunächst an der Auffahrt zum Infopavillon, in die Diskussionrunde bringen einige dann sogar ihre Trommeln mit. Die Vattenfall-Verantwortlichen blicken nervös, denn bei anwesenden TV-Kameras wollen sie jeglichen Eklat durch eigenes ordnungsrechtliches Handeln vermeiden.

Wie es der Zufall so will: Just taggleich mit der Veranstaltung muss der Betreiber des AKW, das seit dem 4. Juli nach einem abermaligen Trafoschaden vom Netz genommen werden musste, einen neuen Störfall erklären. So hat der Motor einer Kühlwasserpumpe im Nebenkühlkreislauf versagt. Nicht so schlimm, meinen Vattenfall und Atomaufsicht, denn es stünden ja noch drei weitere Pumpen bereit, weil im Zustand des Stillstandes immer nur eine Pumpe benötigt werde.

Doch immerhin fällt das Ereignis in die Kategorie »meldepflichtig«. Die Grünen kommentieren süffisant, dass der Reaktor, obwohl gar nicht am Netz, statt Strom nun weiter Pannen produziere. Diese aktuelle Steilvorlage wurde von den AKW-Gegnern an diesem Abend von niemandem genutzt.

Im Unterschied zum Anwohnertreffen am 11. Juli verzichtet Vattenfall-Geschäftsführer Ernst Michael Züfle diesmal auf eine ausgeklügelte Powerpoint-Präsentation der Ereignisse rund um den 4. Juli. Dafür erläutert er komprimiert die Abläufe aus Sicht des Konzerns. Der Tenor: Ein ärgerlicher betrieblicher Schaden, dessen Ursache man immer noch nicht kennt, kommunikative Schwächen, aber zu keinem Zeitpunkt eine wirkliche Gefahrenlage – schließlich hätten alle Sicherheitssysteme funktioniert. Die Lehren daraus seien Prozessoptimierungen und der Austausch der Trafos.

Trotz der atomfreundlichen Signale aus den aktuellen Koalitionsverhandlungen von CDU und FDP auf Bundesebene und der schwarz-gelben Regierungsbildung in Schleswig-Holstein lässt sich Züfle zu keiner politischen Kommentierung hinreißen. Der noch geltende Atomkonsens habe Gültigkeit, und der erlaube dem ebenfalls stillstehenden AKW Brunsbüttel eine Restlaufzeit von noch rund zwei Jahren – und Krümmel gar den Betrieb für noch rund neun Jahre.

Immer wieder wird Züfle auf seine moralische Verantwortung für den Kernenergieeinsatz angesprochen. Angeführt werden dabei die Probleme der Atommüll-Zwischenlagerung mit den bekannten Asse-Pannen, die ungelöste Endlager-Frage, der gesundheitsgefährdende Uranabbau und die jüngste Studie über eine erhöhte Leukämierate unter Kleinkindern im Umkreis von Kernkraftwerken. Natürlich braucht sich Züfle keinen dieser Schuhe anzuziehen. Er verweist auf andere Verantwortlichkeiten und plädiert für weitergehende Erkundungen (Gorleben) und Forschungen (Leukämie).

Als der Vattenfall-Vertreter auf die Sicherheitslage von Krümmel bei Terrorakten oder beim denkbaren Absturz eines Flugzeugs über dem AKW angesprochen wird, verweist er zunächst auf die vertrauliche Geheimhaltung dieses Themas und auf die zuständigen Innenbehörden. Dann aber räumt er ein, dass man auf den Absturz einer großen zivilen Maschine in puncto Sicherheit nicht gewappnet sei.

Am Ende der Runde melden sich mehrere Krümmel-Befürworter zu Wort. Frank Schmeil, CDU-Kreistagsabgeordneter, verwahrt sich dagegen, dass hier immer wieder politisch diskutiert werde. Er habe sich technische Informationen der Abläufe erhofft, nicht aber die Verunglimpfung eines Unternehmens und ständige Polemik. Im Übrigen sei, so Schmeil, bei dem Trafo-Vorfall am 4. Juli und der erfolgten Schnellabschaltung eigentlich nicht mehr passiert, als wenn privat zu Hause im Stromkreis etwas ausfallen würde.


AKW Krümmel

Das Kraftwerk Krümmel südöstlich von Hamburg an der Elbe ist ein Kernkraftwerk mit einem Siedewasserreaktor. Die Betriebsführerschaft liegt bei Vattenfall Europe Nuclear Energy. Das Kernkraftwerk wurde am 28. März des Jahres 1984 erstmals an das Stromnetz angeschlossen. Aufgrund eines Transformatorenbrands am 28. Juni 2007 befand es sich bis zum 19. Juni diesen Jahres nicht im Leistungsbetrieb. Nach weiteren Zwischenfällen innerhalb von zwei Wochen nach Wiederanfahren der Anlage kam es am 4. Juli 2009 zu einer Reaktorschnellabschaltung aufgrund einer Störung in einem Maschinentransformator. Danach wurde das Kernkraftwerk Krümmel vom Betreiber bis auf Weiteres erneut abgeschaltet.

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