Geburtstag mit selbstkritischen Tönen
Antikorruptionsbehörde Olaf besteht seit zehn Jahren / Betrug bleibt in EU lukratives Geschäft
Ende des Jahres 1998 verweigerte das Europäische Parlament das dritte Mal in Folge die Entlastung der EU-Kommission. Diese trat zurück, eine der schwersten Krisen der EU erreichte ihren Höhepunkt. Und wurde gleichsam zur Zeugungsstunde eines Kindes, das ein Jahr später geboren wurde und diese Woche seinen zehnjährigen Geburtstag feierte: Olaf.
Anti-Betrugsbehörde könnte man Olaf auch nennen – der Name steht für die französischen Worte Office Européen de Lutte Anti-Fraude. Seit 1999 nimmt Olaf die Geldgeschäfte der EU unter die Lupe. Überall dort, wo EU-Finanzmittel fließen, dürfen die gut 400 Mitarbeiter der Behörde ihre Nase reinstecken. Geht hier alles mit rechten Dingen zu? Ein Schnüffeln, das erfolgreich ist. Aber nicht so erfolgreich, wie man sich das bei der Behörde selbst wünscht.
Das wurde auf der Geburtstagsparty deutlich, die Olaf in Form einer kleinen Konferenz – mit anschließendem Buffet – in einem Gebäude der EU-Kommission feierte. Denn selbst wenn man sich auf die Schulter klopfen kann für viele Erfolge: Probleme bei der täglichen Arbeit gibt es reihenweise. »Ich darf ein ziemliches Desaster feststellen, sowohl für den Informationsfluss an die EU-Ebene als auch für die Aktivitäten der Justiz in den Mitgliedsstaaten«, fasste die baden-württembergische EU-Abgeordnete Inge Gräßle (CDU), die im Haushaltskontrollausschuss des Parlaments Expertin für Olaf-Angelegenheiten ist, die Klagen zusammen. Gerade wenn Olaf in den Mitgliedsstaaten der EU nachforschen wolle, ob dort die Gelder wirklich für die Projekte eingesetzt werden, für die sie abgerufen wurden, gebe es Probleme. Die Gerichte dort würden viele Fälle nicht bearbeiten. Von den 222 Enthüllungen, bei denen Olaf Veruntreuung von Steuergeldern zwischen 2006 und 2008 festgestellt und Gerichtsverfahren empfohlen habe, seien nur 15 Fälle tatsächlich abgeschlossen worden. »Wer unrechtmäßig von der EU Gelder erhält, hat nicht nur eine große Chance, nie dafür zur Rechenschaft gezogen zu werden, er darf dieses Geld auch noch behalten«, kritisierte Gräßle. Im Durchschnitt flossen in den Jahren 2000 bis 2007 nur 15 Prozent des Geldes, das verurteilte Betrüger unerlaubterweise kassiert hatten, wieder zurück in die EU-Kassen.
Diese Mängel sind darauf zurückzuführen, dass Olaf zwar Fälle aufdecken kann, die Übeltäter aber nicht selbst verurteilen darf. »Wir müssen deshalb bei den Mitgliedsstaaten darauf drängen, dass die Durchsetzung unserer Forderungen erheblich verbessert wird«, sagte Franz-Hermann Brüner, der deutsche Generaldirektor von Olaf.
Sehr selbstkritische Worte also zur Geburtstagsfeier. Ein aus Sicht der Steuerzahler erfreulicher Hinweis darauf, dass Olaf sich nicht in der gleichen Selbstzufriedenheit sonnt, wie das der Dienstherr der Behörde tut. »Europas Bürger denken bei Verwaltungen immer an Missbrauch, und bei der EU-Verwaltung ganz besonders«, sagte zu Konferenzbeginn der aus Estland stammende EU-Kommissar für Verwaltung und Betrugsbekämpfung, Siim Kallas. Dieses Misstrauen sei jedoch nicht gerechtfertigt. Denn, wie er meinte: »Es gibt keine großen Missbrauchsfälle in der EU.« Eine Aussage, die alle folgenden Redner indirekt widerlegten. Und Lachen bei den anwesenden Journalisten hervorrief.
Olafs Bilanz
Dank der Arbeit von Olaf wurden in den vergangenen zehn Jahren insgesamt eine Milliarde Euro Steuergelder, die unrechtmäßig verwendet wurden oder werden sollten, wieder in die Kassen der EU zurückgeführt. Zum Vergleich: Das EU-Jahresbudget 2009 beträgt knapp 134 Milliarden Euro. 300 Einzelpersonen, die Olaf als Betrüger entlarvt hatte, wurden von Strafgerichten verurteilt. Die Behörde erhielt mehr als 7000 Hinweise über Unregelmäßigkeiten bei der Verwendung von EU-Geldern, in 3000 Fällen wurden Untersuchungen eingeleitet. Erfolge wurden auch im Kampf gegen Handel mit illegalen Waren wie Tabak und gefälschten Euro-Münzen erzielt. (kw)
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