LINKE bringt in NRW alle Parteien gegen sich auf
Programmvorschläge lassen auch SPD und Grüne auf Distanz gehen
Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) erklärte, dass die LINKE mit diesem Papier nicht mehr auf dem Boden des Grundgesetzes stehe. Der FDP-Fraktionschef im Düsseldorfer Landtag, Gerhard Papke, sprach sogar von einem »Dokument kommunistischer und freiheitsfeindlicher Ideologie«. Aber auch die beiden Oppositionsparteien waren nicht begeistert. SPD-Chefin Hannelore Kraft, die noch vor der Bundestagswahl eine Regierungsbildung mit den LINKEN in NRW ausdrücklich nicht ausgeschlossen hatte, ging auf Distanz. Die LINKE sei derzeit weder inhaltlich noch personell regierungsfähig. »Eine Partei, die weitgehende Verstaatlichung von Unternehmen in diesem Land vorsieht, sich ein Recht auf Rausch auf die Fahne schreibt und die Justiz für entbehrlich hält, kann niemand ernst nehmen«, so Kraft. Auch die Fraktionsvorsitzende der Grünen Sylvia Löhrmann reagiert mit Hohn und Spott auf den Programmentwurf: »Die Linkspartei in NRW bewegt sich im politischen Absurdistan.« Tatsächlich hatten die LINKEN die Vergesellschaftung der großen Energiekonzerne E.on und RWE gefordert. Aber auch die Legalisierung von Haschisch sowie der Stopp von Gefängnisneubauten werden von keiner der anderen Parteien nachvollzogen.
Sowohl bei der SPD wie bei den Grünen sind aber auch atmosphärische Störungen wahrzunehmen. Menschlich enttäuscht sei Hannelore Kraft vom Sprecher der LINKEN, Ralf Michalowsky, der vor Kurzem erklärt habe, die Hirndurchblutung der SPD-Chefin funktioniere nicht ausreichend, erklärte ihr Pressesprecher Thomas Breustedt. Dabei hat die SPD ein Zitat von Michalowsky anscheinend falsch verstanden. In der »Rheinischen Post« war nur zu lesen: »Die Blutzufuhr zum Gehirn müsse fast schon unterbrochen sein, wenn man an die neuen Hoffnungsträger der SPD glaube.« Über den Gesundheitszustand der SPD-Vorsitzenden hat sich der Sprecher der LINKEN also nicht geäußert. Aber auch Sylvia Löhrmann ist irritiert wegen eines Linken. Im ND-Interview sagte der bislang einzige Landtagsabgeordnete der Linkspartei in NRW, Rüdiger Sagel, dass Löhrmann des Öfteren mit Ministerpräsident Rüttgers spazieren gegangen sei. Damit wollte er die Jamaika-Ambitionen der Grünen unterstreichen. Ein Spaziergang sei allerdings nur vor vielen Jahren auf einer Fotomontage in der »Welt am Sonntag« zu sehen gewesen, so Löhrmann. Sagel saß zu jener Zeit noch für die Grünen im Düsseldorfer Landtag.
Aber auch die LINKE tut sich schwer mit den anderen Oppositionsparteien. Ralf Michalowsky: »Die SPD muss ihre Position verändern. Sie hat schließlich die Wahl verloren, nicht wir.« Auch zu den Grünen fällt dem Sprecher der LINKEN, der schon bei der SPD und später bei der Ökopartei aktiv war, nicht viel Gutes ein. Zeitungsberichte, wonach die Landesverbände der Grünen von der Zentrale in Berlin aufgefordert wurden, ehemalige Stasi-Mitarbeiter bei den LINKEN zu melden, nimmt er verstimmt zur Kenntnis.
Beobachter fragen sich derweil, welche politischen Perspektiven NRW hat. Sollte am nächsten Sonntag Landtagswahl sein und nicht wie geplant am 9. Mai kommenden Jahres, und sollte die derzeitige schwarz-gelbe Regierung keine Mehrheit erhalten, die Regierungsbildung könnte kompliziert werden. »Wir sind nicht wild auf eine Regierungsbeteiligung«, erklärt Ralf Michalowsky. Aber auch SPD und Grüne scheint es nicht in die Staatskanzlei zu ziehen. Die SPD hofft auf die Ampel, und die Grünen können sich alle Konstellationen vorstellen, was zugleich wenig konkrete Zuwendung zur Folge hat.
»Wer mit Wolfgang Clement regiert hat, hat keine Angst vor schwierigen Gesprächen«, erklärt Sylvia Löhrmann. NRW wird also noch für manche Überraschung gut sein.
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