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Abschiebepapiere gegen Bargeld

Niedersächsische Kreise zahlen 2500 Euro für Pässe nach Guinea – an fragwürdige Empfänger

  • Velten Schäfer
  • Lesedauer: 3 Min.
Wer abgeschoben werden soll, braucht Ausweispapiere. Für Guinea sind die leicht zu besorgen, aber teuer. In Niedersachsen wollen Grüne und SPD prüfen, ob hier Geld in die Korruption fließt.

Wer wissen will, was Kai-Uwe Bielefeld, Landrat im Kreis Cuxhaven, über Abschiebungen nach Guinea denkt, wird mit einer langen Erklärung konfrontiert. »Unerhört« sei, was über seine Behörde berichtet werde, »bei uns herrschen rechtmäßige Zustände und normale Verwaltungsabläufe«. Schließlich »ist hier doch keine Bananenrepublik«.

Gerade diesen Anschein erweckt aber ein Rechnungsschein des Landkreises, den der Flüchtlingsrat Niedersachsen veröffentlicht hat. Demnach hat ein Vertreter des Kreises im März in Hamburg 2500 Euro in bar an einen anonymen Vertreter des westafrikanischen Landes für einen Ersatzpass übergeben, mit dem ein Asylbewerber dorthin abgeschoben werden konnte. Ohne Kontonummer, ohne Empfänger, ohne Quittung.

Und offenbar auch ohne jede Prüfung, ob der Mann tatsächlich aus Guinea stammt – und nicht, wie er angab, aus Sierra Leone. Doch dies ist eine entscheidende Frage, denn nach Guinea wird abgeschoben, ins Bürgerkriegsland Sierra Leone nicht. Dabei hat man sich auf einen Beamten aus Sierra Leone verlassen, der den Mann nach einem Interview als Guineer eingestuft habe.

Auch den Preis bestreitet das Landratsamt nicht: »Die Kosten für dieses Passersatzpapier sind im Verhältnis zu Passersatzpapieren anderer Staaten in der Tat spürbar höher. Gleichwohl ist es unausweichlich, dass diese Gebühren gezahlt werden, da die Ausländerbehörden ihrem gesetzlichen Auftrag zur Abschiebung nachkommen müssen.« Normalerweise betragen die Gebühren für derartige Papiere 300 Euro.

Der Vorgang ist kein Einzelfall. Cuxhaven ist 2008 einen weiteren abgelehnten Asylbewerber auf diese Art losgeworden. Im Abschiebegefängnis Langenhagen sitzt ein Mann aus Bramsche mit Passersatzpapieren für Guinea. Zwischen 2005 und 2007 kam es in Braunschweig sogar zu Massenvorführungen, bei denen Delegationen aus Guinea gegen Bares Pässe ausstellten. Der Kreis Harburg hat 2008 versucht, so an Abschiebepapiere zu kommen – wurde aber vom Verwaltungsgericht Lüneburg zurückgepfiffen.

Dubiose Delegationen

Das Gericht hatte vor einem Jahr einen der Delegationsbesuche zu prüfen. Zum einen äußerte es einen Korruptionsverdacht, zum anderen sei »das gesamte Verfahren (...) völlig ungeeignet, eine Staatsangehörigkeit festzustellen«, denn die Delegation entschied nach lediglich äußeren Merkmalen wie Kopfform oder Dialekt.

Dennoch zahlte Cuxhaven auch in dem nun kritisierten Fall, wobei der Beurteilte bei der Beurteilung nicht einmal anwesend war. Organisationen wie Pro Asyl kritisieren diese Praxis als »Bestechungsgeld« für einen korrupten Staat. Die stellvertretende SPD-Landeschefin Daniela Behrens hinterfragt in der Presse die Praxis, dass Kommunen Ausreisepapiere »von rechtlich umstrittenen Delegationen kaufen«.

Putsch und Massaker

Am heutigen Freitag wird die Landesregierung dazu Stellung nehmen müssen. Die Grünen-Abgeordnete Filiz Polat hat eine Anfrage gestellt, in der sie unter anderem wissen will, wie die Echtheit der Papiere garantiert werden könne – und verhindert werde, dass das Geld in die Korruption fließe. In dem Zusammenhang erinnert Polat daran, dass gegen einen Leiter früherer Delegationen »wegen Schleusertätigkeit ermittelt« wurde.

Conny Gunßer, Guinea-Expertin beim Flüchtlingsrat Hamburg, findet nicht nur diese Praktiken zweifelhaft. Sie fordert einen generellen Abschiebestopp: Nach dem Militärputsch vor einem Jahr habe sich die Menschenrechtslage in Guinea weiter verschlechtert. Sie verweist auf ein Massaker nach einer Demonstration, bei dem Ende September 153 Menschen umgekommen sein sollen.


Blockierer

Die aktuellen Pläne der EU-Kommission für einheitliche Regeln bei Asylverfahren in allen 27 Mitgliedstaaten der Europäischen Union stoßen auf heftige Kritik in der Union, insbesondere bei der CSU. »Eine maßgebliche Aufweichung des Asylverfahrens in Deutschland werden wir im Europaparlament verhindern«, stellte etwa der CSU-Europaabgeordnete und Vize-Fraktionschef der Europäischen Volkspartei, Manfred Weber, dieser Tage klar. Er sprach sich für strenge Standards in der gesamten EU aus. Die CSU-Europaabgeordnete Monika Hohlmeier äußerte sich ähnlich. dpa/ND

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