Investitionen nach der Scharia
Erste islamische Bank eröffnet eine Filiale in Deutschland
»Banken und Kredit sind das kräftigste Mittel, die kapitalistische Produktion über ihre eigenen Schranken hinauszutreiben und eines der wirksamsten Vehikel der Krisen und des Schwindels.« So bewertete Karl Marx das Finanzsystem im Dritten Band des »Kapitals«. Tatsächlich waren Banken wesentliche Verursacher der derzeitigen Wirtschafts- und Finanzkrise. Als Folge gingen viele Kreditinstitute Pleite. Auch in Deutschland hätten zahlreiche Banken schließen müssen, wenn nicht die Bundesregierung per Staatshilfen deren Lebenszeit verlängert hätte.
Weit weniger hat die Finanzkrise den islamischen Banken zu schaffen gemacht. Derzeit existieren weltweit etwa 500 islamische Finanzinstitute. In Großbritannien haben gläubige Muslime die Auswahl zwischen fünf großen islamischen Banken. In Deutschland wird Anfang nächsten Jahres laut dem »Spiegel« eine Zweigstelle der Beteiligungsbank Kuveyt Türk in Mannheim Scharia-konforme Produkte anbieten. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) habe eine eingeschränkte Lizenz erteilt. Die Tochter einer türkisch-kuwaitischen Bank dürfe Gelder einsammeln, die auf Islam-konforme Konten in der Türkei überwiesen werden.
Auch deutsche Geldhäuser sind längst im Milliardengeschäft mit islamischen Investitionen aktiv. So bieten etwa der Versicherungsriese Allianz und die Deutsche Bank Scharia-konforme Fonds vor allem für vermögende Kundschaft in islamischen Ländern an.
Islamische Banken bieten ausschließlich Produkte an, die mit dem Recht der »Scharia« konform sind. Investitionen in Waffenindustrie, Handel mit Schweinefleisch, Alkohol, Tabak, Pornographie oder Glücksspiel sind verboten. Der große Vorteil gegenüber anderen Banken liege darin, dass ihre Geschäfte wesentlich sicherer seien, behaupten islamische Banker. Spekulationen ohne Sicherheiten seien ebenso wie das Erheben und Eintreiben von Zinsen nach islamischem Recht verboten. Stattdessen investieren die Banken direkt in Unternehmen und beteiligen sich an deren Gewinn oder Verlust.
Sicher vor Krisen sind aber auch islamische Anlagen nicht. So war im Zuge der Wirtschafts- und Finanzkrise der Dow Jones Islamic Market World Index zeitweilig um über 40 Prozent eingebrochen.
Kritiker werfen den islamischen Banken vor, ihre ethischen Grundsätze mit verschiedenen Mitteln zu umgehen. Islamic Banking sei kein traditionelles Konzept, sondern eine Erfindung des 20. Jahrhunderts. Timur Kuran, Professor für Politische Wissenschaft, Ökonomie und Islamwissenschaften an der Duke University in North Carolina, moniert, dass das angebliche Zinsverbot durch Gebühren umgangen werde. Der Trick: Die Kunden schließen einen Vertrag mit der Bank ab, um ein Produkt zu kaufen. Die Bank kauft dieses und verkauft es dem Kunden mit Abschlag weiter. Das Ergebnis ist das Gleiche wie beim »westlichen« Modell: Die Bank macht Profit.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.