Zeitreise im Internet
München. »Für Familienforscher sind die Soldatenakten von unschätzbarem Wert. Der größte Teil der damaligen bayerischen Bevölkerung ist in den Büchern erfasst«, sagte Nikolai Donitzky vom Ahnenforschungsportal Ancestry.de. Seit März 2008 digitalisiert das Unternehmen rund 23 000 Bände sogenannter Kriegsstammrollen des Kriegsarchivs des Bayerischen Hauptstaatsarchivs.
Neben Namen, Beruf und Geburtsort der Soldaten sind in den 1,5 Millionen Personalakten auch Angaben über die Familie und die verschiedenen Kriegseinsätze enthalten. Nunmehr kann jeder Hobbygenealoge für rund 30 Euro im Halbjahr seinem im Krieg verschollenen Urgroßvater nachspüren oder die Laufbahn bekannter Persönlichkeiten wie Schriftsteller Ludwig Thoma oder Quelle-Gründer Gustav Schickedanz nachvollziehen. »Bisher mussten Familienforscher wissen, in welchem Regiment ihr Verwandter während des Ersten Weltkriegs gedient hat«, sagt Lothar Saupe, der Leiter des Kriegsarchivs des Bayerischen Hauptstaatsarchivs in München. »Jetzt genügt es, seinen Namen in die Suchmaske einzugeben.« Bei Saupe gehen im Jahr Hunderte Anfragen von Ahnenforschern ein. Sogar aus den USA oder Australien reisen einige von ihnen an. Die könnten sich nun die Reisekosten und die Zeit sparen, sagt Saupe: »Um zum Beispiel einen im Krieg gefallenen Herrn Obermeier zu finden, mussten sich Genealogen bisher im Lesesaal durch zwei Kästen mit je 1000 Verlustkarten mit dem Namen Obermeier kämpfen.« Seiner Erfahrung nach interessieren sich auch junge Leute für Familiengeschichte. Kürzlich habe ihm ein Paar Mitte 30 für seine Such-Hilfe gedankt und geschrieben: »Wir waren die Ersten, die am Grab unseres 1914 gefallenen Urgroßonkels gestanden sind.«
Von diesem Interesse lebt die Firma hinter der Ahnenforschungsplattform, die die bayerischen Soldatenakten kostenlos digitalisiert hat. »Die Kriegsstammrollen«, sagt Donitzky, »die wir im Internet zugänglich machen, drucken sich unsere Kunden teilweise aus und hängen sie an die Wand.«
www.ancestry.de/ersterweltkrieg
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