Weiter Streit um Steinbach
Bund der Vertriebenen verschiebt offizielle Nominierung für Stiftungsrat
Frankfurt am Main (epd/ND). Der Bund der Vertriebenen (BdV) vertagte am Dienstag seine Entscheidung, hält aber grundsätzlich an der Benennung seiner Präsidentin Steinbach fest. Die Bundesregierung habe jetzt die Chance, sich zusammenzusetzen und zu einem Ergebnis zu kommen, sagte Steinbach am Dienstag in Frankfurt am Main im Anschluss an die Präsidiumssitzung des BdV.
Eine offizielle Nominierung wollte der BdV der Bundesregierung noch nicht zuleiten. Während ihrer Klausurtagung in Meseberg solle die Bundesregierung »den Weg für die Umsetzung des selbstbestimmten Nominierungsrechts des BdV für die komplette Besetzung des Stiftungsrates« ebnen, heißt es in dem Beschluss des Präsidiums. Es gehe um das Selbstbestimmungsrecht des Verbandes, so Steinbach. Ihren Kritikern warf sie einen unfairen Umgang vor. »Das würde man mit Vertretern der Kirchen nicht wagen.«
Um die Nominierung Steinbachs war international sowie in der Bundesregierung Streit ausgebrochen. Während Außenminister Guido Westerwelle (FDP) angekündigt hatte, wegen der Bedenken in Polen gegen Steinbach sein Veto einzulegen, hatte der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer gefordert, eine entsprechende Entscheidung des Vertriebenenverbandes zu respektieren. Die Bundesregierung hatte angekündigt, sich erst nach einer Entscheidung des Verbandes mit der Personalie zu befassen. Steinbach betonte, dass es sich um eine rein innerstaatliche Angelegenheit handele. »Unsere polnischen Nachbarn sind davon nicht berührt.« Ihr sei klar, dass die Kritiker nicht sie als Person treffen wollten, sondern »das Thema«. Einige hätten es offenbar noch nicht verwunden, dass es die neue Stiftung gebe.
Die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth bezeichnete es als »absolut inakzeptabel«, die Beziehungen zu Polen durch die Nominierung Steinbachs zu gefährden. Der Bundesregierung warf sie in dieser Frage Führungsschwäche vor. Eine klare Entscheidung sei überfällig. Die innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion, Ulla Jelpke, verwies auf die »tendenziell geschichtsrevisionistische Ausrichtung« der neuen Stiftung.
Stichwort Stiftungsrat
Die Stiftung »Flucht, Vertreibung, Versöhnung«, die unter dem Dach der Stiftung Deutsches Historisches Museum angesiedelt ist, soll eine Dokumentationsstätte und eine Ausstellung im Deutschlandhaus in Berlin aufbauen, wo an das Schicksal von Millionen Vertriebenen in Europa und insbesondere an die 14 Millionen deutschen Vertriebenen am Ende des Zweiten Weltkriegs erinnert werden soll.
Für die inhaltliche Ausrichtung ist neben dem Stiftungsdirektor Manfred Kittel maßgeblich der Stiftungsrat zuständig. Er entscheidet über die Verwendung der Mittel, beruft den wissenschaftlichen Beraterkreis und den Stiftungsdirektor. Dem Stiftungsrat gehören 13 Personen an. Mehrere Institutionen haben für das Gremium ein Vorschlagsrecht. Im April berief die Bundesregierung die Mitglieder für die Dauer von fünf Jahren, wobei ein Mitglied ausscheidet, wenn es seine Funktion in der jeweiligen Institution verliert.
Die Mitglieder vertreten den Bundestag (zwei Abgeordnete), das Auswärtige Amt, das Bundesinnenministerium und den Kulturstaatsminister, die evangelische und katholische Kirche sowie den Zentralrat der Juden in Deutschland. Die Stiftungspräsidenten des Deutschen Historischen Museums und des Hauses der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland, Hans Ottomeyer und Hans Walter Hütter, sind kraft Amtes Mitglieder.
Dem Bund der Vertriebenen (BdV) stehen drei Sitze zu. Das Kabinett berief auf Vorschlag des Verbandes die Vizepräsidenten Christian Knauer und Albrecht Schläger. Der dritte Sitz, den BdV-Präsidentin Erika Steinbach einnehmen wollte, blieb wegen der politischen Auseinandersetzung frei. epd
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