Afrika fordert Kompensation
Chefunterhändler droht mit Blockade des Weltklimagipfels von Kopenhagen
Seit Äthiopiens Premierminister Meles Zenawi zum Chef der ersten panafrikanischen Delegation bei einem Klimagipfel gewählt worden ist, spielt der Kontinent auf einmal eine Rolle in den Verhandlungen. So horchten alle auf, als Zenawi am Mittwoch nach einem letzten Vorbereitungstreffen der afrikanischen Regierungen verkündete: »Wir haben eine Minimalsumme vereinbart, die wir von den reichen Staaten als Reparation verlangen werden.« Eine Summe nannte er aber nicht. Doch es ist klar, dass es sich um hohe Milliardenforderungen bis 2020 handelt.
Was passieren wird, wenn kein Geld fließt, wiederholt Zenawi seit Monaten: »Wir werden kein Abkommen abnicken, das den mächtigen Nationen gefällt, sondern unsere Anzahl an Stimmen nutzen, um jedes Abkommen zu torpedieren, das nicht unseren Minimalanforderungen entspricht.«
53 Staaten, die bisher außen vor blieben
Afrika repräsentiert 53 Staaten, ein Viertel aller Nationen. Immer wieder hatten Umweltschützer die Regierungen des vom Klimawandel am meisten beeinträchtigten Kontinents aufgefordert, ihre zahlenmäßige Macht zu nutzen. Doch im Verhandlungsmarathon der alljährlichen Gipfel, wo von morgens bis abends in ungezählten Fachgruppen komplexe Details verhandelt werden, hatten die oft nur ein oder zwei Personen großen Delegationen nie eine Chance. Stattdessen, so der Vorwurf, ließen sich die Afrikaner mit Geldversprechungen kaufen.
Die erste panafrikanische Delegation bei einem Klimagipfel soll nun in Kopenhagen ebenbürtige Verhandlungen ermöglichen. »Afrika muss von den Industrieländern für die Folgen des Klimawandels kompensiert werden«, so der Kommissionspräsident der Afrikanischen Union (AU), Jean Ping aus Gabun. »Ich erwarte, dass die dafür nötigen Mittel aus Staatsetats zur Verfügung gestellt werden, und zwar zusätzlich zur normalen Entwicklungshilfe.«
Doch wofür genau die Milliarden ausgegeben werden soll, lassen sowohl Ping und Zenawi offen. Kritiker befürchten deshalb, dass es sich um einen neuen afrikanischen Versuch handelt, seine Stimmen zu verkaufen – nur auf höherem Niveau. »Seit wann sind Afrikas Diktatoren engagierte Umweltschützer?«, fragt etwa Alemayehu Mariam, ein äthiopischer Professor für Politikwissenschaften, der in San Bernadino in den USA lehrt.
Zudem ist Afrikas Position nicht so einheitlich, wie Zenawi sie darstellt. Südafrikas Umweltministerin Buyelwa Sonjica etwa kündigte Anfang November an, eine Deckelung beim Ausstoß von Klimagasen werde sie nicht hinnehmen. Eine Position, die von südafrikanischen Umweltschützern als unverantwortlich kritisiert wird: Südafrika könne nicht weiterhin den weltweit billigsten Strom verkaufen und den energiereichen Minen- und Metallverarbeitungssektor halten, ohne beim Klimagipfel dafür haftbar gemacht zu werden.
Die Stimmen der Opfer des Klimawandels
Indes gehen diejenigen fast unter, die Afrikas Machtposition dafür einsetzen wollen, Industrieländer zu weitreichenden Reduktionsverpflichtungen zu bewegen. »In Kopenhagen müssen endlich die Stimmen derjenigen entscheidend sein, die die ersten Opfer des Klimawandels sind«, sagt etwa der Friedensnobelpreisträger und Erzbischof Desmond Tutu. »Der Chefunterhändler der AU muss deshalb auch verlangen, dass die reichen Nationen die größten Anstrengungen unternehmen, um ihre Emissionen zu reduzieren.«
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