Fischer gegen ThyssenKrupp

Brasilianer wehren sich gegen deutsches Stahlwerk

  • Harald Neuber
  • Lesedauer: 2 Min.
In Brasilien baut der Stahlkonzern ThyssenKrupp ein milliardenteures Werk. Fischer und Anwohner sind dagegen, sie warben nun auf einer Tour durch Deutschland um die Unterstützung der schwarz-gelben Koalition.

Betroffene Anwohner und Menschenrechtsorganisationen aus Brasilien haben die deutsche Regierung am Montag in Berlin aufgefordert, im Konflikt mit dem Stahlkonzern ThyssenKrupp zu schlichten. Im Bundesstaat Rio de Janeiro im Südosten Brasiliens hat der deutsche Konzern im September 2006 gemeinsam mit dem brasilianischen Partnerunternehmen Companhia Vale do Rio Doce mit dem Bau eines Stahlwerkes begonnen. Seither stößt das Vorhaben auf wachsenden Widerstand der Fischer und Anwohner der Bucht von Sepetibá. Auf einer Rundreise in Deutschland werben sie nun um Unterstützung.

»Wir fordern von der Regierung in Berlin, dass sie die Auswirkungen deutscher Direktinvestitionen kontrolliert und überprüft, ob die daraus entstehenden Projekte mit Menschenrechtsstandards über- einstimmen«, sagte im ND-Gespräch Isac Alves de Oliveira. Der Vertreter des lokalen Landarbeiter- und Fischereiverbandes AAPP-Guaratiba wirft ThyssenKrupp mangelnde Gesprächsbereitschaft und berechnendes Vorgehen vor. Sein Engagement im nordbrasilianischen Bundesstaat Maranhão habe ThyssenKrupp aufgrund des massiven sozialen Widerstandes inzwischen einstellen müssen, so de Oliveira.

Doch habe der Konzern aus dem Konflikt gelernt: »Vor Beginn der Arbeiten haben Vertreter von ThyssenKrupp gezielt soziale Akteure kontaktiert, um sie auf die eigene Seite zu ziehen.« Vermutlich seien in diesem Zusammenhang auch Bestechungsgelder bezahlt und Wahlkampagnen gezielt finanziert worden. Für ThyssenKrupp steht viel auf dem Spiel: 4,5 Milliarden Euro habe der Stahlkonzern in das Stahlwerk »Companhia Siderúrgica de Atlântico« investiert, heißt es in einer Informationsbroschüre des Berliner Forschungszentrums FDCL. Eine CDU/CSU-Delegation bewarb das Megaprojekt nach einem Besuch im März 2008 als »eindrucksvoll« und »ökonomisch sinnvoll«.

Fischer und lokale Anwohner sehen das anders. Das im Bau befindliche Stahlwerk habe schon jetzt die Existenzgrundlage von über 8000 Fischerfamilien vernichtet. Zu den Forderungen der Protestbewegung gehören deswegen auch Entschädigungszahlungen. »Deutschland muss darauf achten, dass die hier geltenden Umweltauflagen auch im Ausland beachtet werden«, so de Oliveira.

Der Protest hat ihm und Luis Carlos da Silva Oliveira einige Probleme bereitet. Nachdem rund 40 Fischerboote ein Industrieschiff blockierten, das den Grund der Bucht von Sepetibá aushob, damit Lastkähne passieren können, wurden die Protagonisten der Bewegung angefeindet. Der Aktivist berichtete, wie ihn ein führendes Mitglied des Werksschutzes persönlich bedrohte. »Inzwischen gibt es Videobeweise, dass Mitarbeiter des Werkes in paramilitärischen Milizen aktiv sind«, so da Silva Oliveira. Nachdem ihn Unbekannte von einem Auto aus mit einer Schusswaffe bedrohten, wird er vom Staat geschützt und wechselt häufig seinen Wohnsitz.

Trotz der massiven Bedrohungen sind die Aktivisten nach der Rundreise zuversichtlich. In Deutschland habe man mit Parteienvertretern und Gewerkschaftern der IG Metall gesprochen, sagte de Oliveira. Die Kontakte sollen nun ausgebaut werden.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
- Anzeige -

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.