Daehre und die Knollen

  • Hendrik Lasch
  • Lesedauer: 2 Min.

Karl-Heinz Daehre ist im Kabinett Sachsen-Anhalts nicht für Landwirtschaft zuständig, sondern für Bau und Verkehr. Trotzdem legt sein jetzt erfolgter Sinneswandel eine Redewendung aus den Agrarbereich nahe: Rein in die Kartoffeln, raus aus den Kartoffeln.

Keine zwei Wochen ist es her, da entschied sich Daehre, die Ärmel aufzukrempeln und auf den Acker zu gehen: Der schon 65-Jährige verblüffte seine CDU-Parteifreunde mit der Ankündigung, den acht Jahre älteren Regierungschef Wolfgang Böhmer beerben zu wollen. In einer Art Privataudienz soll er diesem mitgeteilt haben, er erwäge, sich in drei Monaten für die CDU-Spitzenkandidatur bei der Landtagswahl 2011 zu bewerben.

Die Union glich umgehend einem aufgeschreckten Hühnerhaufen. Als Nachfolger von Böhmer gilt dort bislang Wirtschaftsminister Reiner Haseloff als gesetzt. Der hat auch Interesse signalisiert, den Anspruch aber nicht wirklich nachdrücklich angemeldet.

Manchem in der CDU tritt er damit vielleicht ein wenig zu zögerlich auf – und zu wenig volksverbunden. Der wie Böhmer in Wittenberg lebende Physiker, der das Arbeitsamt leitete, bevor er 2002 Staatssekretär wurde, gilt als Kopfmensch und Verwaltungsexperte. Daehre dagegen ist jovial, oft hemdsärmelig und in Partei-Hinterzimmern so zuhause wie auf Schlachtfesten.

Als Hoffnungsträger für die CDU 2011 sehen ihn indes offenbar dennoch zu wenige. Er werde sich nun doch nicht bewerben, sagte Daehre nun ebenso überraschend und Wochen vor der selbst gesetzten Frist. Zur Begründung hieß es, die Familie, die bisher zu seinen Gunsten zurücksteckte, beanspruche mehr Zeit.

Vielleicht aber hat ihm ja auch Böhmer unter vier Augen einen guten Rat gegeben. Der leidenschaftliche Kleingärtner sagte immer wieder mal, er müsse nicht regieren, sondern schneide auch gern die Rosen im heimischen Garten. Für derlei erbauliche Beschäftigung im Kreise der Lieben hat auch Daehre ab 2011 nun Zeit: Ab in die Kartoffeln!

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