Strukturen werden konserviert
Studie untersucht Krisenprogramme der Bundesregierung
Fast 700 Milliarden Euro pumpte die damals noch rot-schwarze Bundesregierung in Bankenrettungs- und Konjunkturprogramme. »Krisenlasten fair verteilen« lautete das Credo. Nun, mehr als ein Jahr nach Ausbruch der massivsten Krise seit Jahrzehnten, fragt eine Studie im Auftrag der Frankfurter Heinz-Jung-Stiftung: Wer erhält die Milliardensummen eigentlich? Lässt sich eine strategische Konzeption der Maßnahmenbündel erkennen und wer profitiert davon? Und zuguterletzt: Zeigt sich darin eine Abkehr von der finanzgetriebenen Wirtschaftsordnung oder gar ein neuer, post-neoliberaler Kapitalismustyp?
Von den Banken – die hauptsächlichen Profiteure der staatlichen Schutzschirme – habe vor allem die Commerzbank/Dresdner Bank in der Krise gewonnen, andererseits aber auch Geldinstitute, die keine Staatsrettung benötigten. Die Deutsche Bank, die trotz leichter Staatshilfe bei der Postbank scheinbar unbehelligt durch die Krise kam, gehört laut Studie zu den Krisengewinnern. Verlierer seien dagegen die Sparkassen und die genossenschaftlichen Volks- und Raiffeisenbanken, »deren erfolgreichen, risikoarmen Geschäftsmodelle durch die staatliche Rettung der privaten Konkurrenz nicht in dem Umfange belohnt werden, wie es bei einer ausgelebten Krise (mit Bankenpleiten) der Fall gewesen wäre«, heißt es in der Untersuchung.
In beiden Konjunkturpaketen, dem »Schutzschirm für Arbeitsplätze« und dem »Pakt für Stabilität und Beschäftigung«, würden zwar viele Interessenten bedient, jedoch nicht alle gleich. Dort, wo die gesellschaftliche Nachfrage angekurbelt werde, ziele die Förderung auf mittlere und höhere Einkommensgruppen – etwa mit Anreizen zum Neuwagenkauf oder der steuerlichen Absetzbarkeit von Handwerkerleistungen.
Die Förderung der Angebotsseite konzentriere sich auf drei Branchen: die (privaten) Banken, die Automobilindustrie sowie die Sparte Verkehr/Logistik. Dem zweiten Konjunkturpaket bescheinigt die Studie immerhin positiv die stärkere Einbeziehung der mittelständischen Bauwirtschaft. Durch den multiplikatorischen Effekt von Bauvorhaben auf andere Branchen vergrößere sich der Gewinnerkreis.
Die Studie, die in der kommenden Woche in der Zeitschrift »Z« erscheint, kommt am Ende zum wenig überraschenden Befund. Ein »Strukturkonservatismus« wird der deutschen Krisenpolitik attestiert. Die Bankenrettungs- und Konjunkturprogramme hätten keinen »neuen« Kapitalismus geschaffen, stattdessen werde die bisherige Struktur des deutschen Kapitalismus – exportorientiert, finanzmarktgestützt und automobillastig – fortgeschrieben.
In der Untersuchung werden jedoch wichtige Fragen angegangen, die in den bisherigen Studien zu den Krisenfolgen bislang kaum Beachtung fanden. Sie könnten, sie müssten sogar, Leitfragen für eine künftige Krisenpolitik sein.
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