»Der größte Betrüger der Wendezeit«
Ex-Manager des Wärmeanlagenbau verurteilt
Berlin (dpa/ND). Das Landgericht Berlin verurteilte einen Ex-Manager der Ost-Berliner Wärmeanlagenbau am Donnerstag zu drei Jahren und neun Monaten Gefängnis. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der 66-Jährige in drei Fällen 1991 und 1992 die Firma um 50 Millionen Euro geschädigt hat. Der Ingenieur hatte die Fälle gestanden. 20 Millionen Euro soll er für sich verbraucht haben.
Ursprünglich war der aufwändige Prozess auf eine längere Dauer angelegt. Das erst im Oktober begonnene Verfahren wurde nun mit Zustimmung aller Beteiligten abgekürzt, nachdem der Geschäftsmann ein Geständnis ablegte. Er war jahrelang auf der Flucht und wurde nach internationaler Zielfahndung im Jahr 2000 in Großbritannien gefasst und wenig später gegen Zahlung von rund 100 000 Euro Kaution freigelassen. Im Juli wurde der frühere Manager nach Berlin überstellt.
Die Staatsanwaltschaft hatte dem vierfachen Vater vorgeworfen, den früheren DDR-Monopolbetrieb mit Immobilien und Barvermögen bei der Privatisierung über ein internationales Firmengeflecht systematisch in den Ruin getrieben zu haben. Staatsanwalt Andreas Mittelbach hatte zu Prozessbeginn gesagt: »Das ist der letzte große Ost-West-Prozess, bei dem ein West-Manager statt zu helfen sich bereichert hat.« Die Millionen-Pleite habe rund 1200 Arbeitsplätze vernichtet. In dem Prozess hatte der Angeklagte erklärt: »Ich muss damit leben, der größte Betrüger der Wendezeit genannt zu werden.« Er habe die Firma mit aller Macht erhalten, aber keine Straftaten begehen wollen. Aus heutiger Sicht sei er »fachlich und persönlich überfordert« gewesen. »Wir hatten die Illusionen blühender Landschaften.« Westdeutsche Großkonzerne hätten das Unternehmen verdrängt.
Von sieben Tatvorwürfen seien zwei verjährt sowie zwei eingestellt worden, sagte ein Gerichtssprecher. Nachdem der Mann die restlichen drei eingeräumt habe, konnte das umfangreiche Verfahren laut Gericht mit dem Urteil abgeschlossen werden.
In anderen Prozessen wurden zwei Geschäftspartner des Ingenieurs bereits zu jeweils drei Jahren Haft wegen Untreue verurteilt. Ein Dritter erhielt zwei Jahre Haft mit Bewährung.
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