Pirnaer Union hält das Rennen offen
Querelen vor Rathauswahl / LINKE hofft
Die 38 000 Einwohner zählende Kreisstadt Pirna wählt am Sonntag einen neuen Rathauschef. Das allein wäre keine Nachricht, die jenseits der Sächsischen Schweiz für Aufmerksamkeit sorgen würde. Allerdings hat sich die CDU bei der Suche nach einem Nachfolger für Markus Ulbig, der als Innenminister nach Dresden ging, zerstritten und verschafft so der Konkurrenz Aufwind, nachdem Ulbig 2008 mit 65 Prozent durchmarschiert war.
Am Sonntag geht die Union mit Frank Ludwig ins Rennen – besser gesagt: Teile der CDU. In den eigenen Reihen ist der Ex-Lehrer umstritten. Grund ist sein politisches Vorleben. Ludwig trat mit 21 in die SED ein und erst im Dezember 1989 aus. In der sächsischen CDU, die besonders der LINKEN gern deren SED-Vergangenheit vorhält, sorgt das für gehörige Vorbehalte.
Dass Ludwig die holperige Kür samt knapper Abstimmung und Wiederholung überstand, verdankt er einem jungen Karrierepolitiker: Der 25-jährige Stadtchef Oliver Wehner, seit Kurzem im Landtag, gilt als Strippenzieher der Nominierung, mit der Ulbigs Wunschkandidat ausgebremst wurde. Der Ex-OB hatte den Baubürgermeister Christian Flörke protegiert. Dieser indes ist weder Parteimitglied noch Einheimischer, während Wehner frohlockte, man habe nun »ein Pirnaer CDU-Mitglied« gewählt.
In der Landespartei herrscht Zerknirschung; ihr Generalsekretär Michael Kretschmer wird mit Worten wie »suboptimal« und »dilettantisch« zitiert. Dass der von Wehner betonte Stallgeruch des Kandidaten zum Wahlerfolg prädestiniert, scheint man in der Zentrale nicht recht zu glauben. Und die aus vier Bewerbern bestehende Konkurrenz, darunter ein früherer Vize-Landrat, ein Bauunternehmer und ein Mitarbeiter der Stadtverwaltung, wittert Morgenluft.
Gute Chancen, den CDU-Mann auszubremsen, werden dabei nicht zuletzt Tilo Kloß eingeräumt, einem 50-jährigen Sozialarbeiter, der die Fraktion der LINKEN im Stadtrat leitet. Der gelernte Fahrzeugschlosser und spätere Berufsunteroffizier arbeitete nach 1989 in einem Jugendheim und vertritt heute als Betriebsratschef bei der Arbeiterwohlfahrt die Interessen von 300 Mitarbeitern. Seit 1990 sitzt er im Stadtrat und hat seitdem, wie er sagt, »Kommunalpolitik von der Pike auf gelernt«.
In der Stadt scheint seine Arbeit anerkannt zu werden: Bei der Kommunalwahl 2004 erzielte er das beste Stimmergebnis aller Kandidaten, fünf Jahre später zog nur ein betagter CDU-Mann an ihm vorbei. Bei der OB-Wahl kam er auf 25 Prozent. In seinem Wahlprogramm setzt sich Kloß für kostenlosen Eintritt für Jugendliche in städtischen Museen ebenso ein wie für niedrigere Hürden bei Bürgerabstimmungen. Beides habe die Fraktion im Rat bereits beantragt, die, wie ihr Chef betont, »keineswegs nur auf Opposition setzt«. Kloß hofft, dass die Bürger ihm nun auch die Leitung der Stadtverwaltung zutrauen. In der sächsischen LINKEN, die zuletzt bei Rathauswahlen eher mäßige Erfolge erzielte, hofft man, nach dem Sieg in Borna wieder eine Mittelstadt zu erobern – gegebenenfalls in der Stichwahl Mitte Januar.
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