Österreichs Rechte wiedervereinigt

Jünger von Jörg Haider kehren in die Freiheitliche Partei (FPÖ) zurück

  • Hannes Hofbauer, Wien
  • Lesedauer: 3 Min.
Mit einem innenpolitischen Paukenschlag geht in Österreich das Jahr 2009 zu Ende. Am Mittwochnachmittag verkündeten FPÖ-Chef Hans-Christian Strache und der Obmann des Kärntner BZÖ, Uwe Scheuch, die sofortige politische Wiedervereinigung. Organisatorisch will man sich an das deutsche CDU/CSU-Modell anlehnen, um der speziellen Kärntner Situation Rechnung zu tragen. Damit ist das radikale rechte Lager geeint, die FPÖ hat in allen neun Bundesländern starke Verbände.

Das BZÖ – Bündnis Zukunft Österreich – war im Jahr 2005 von Jörg Haider in ähnlich überraschender Art putschartig gegründet worden. Unter dem Eindruck der »orangenen Revolution« in der Ukraine, die kurz zuvor die Welt in Atem gehalten hatte, wählte man als Parteifarbe ebenfalls orange. Die damit herbeigeführte Spaltung der Freiheitlichen Partei Österreichs rückte die verbliebenen Recken um Heinz-Christian Strache noch weiter nach rechts. Im BZÖ versammelten sich die Jünger Jörg Haiders. Inhaltliche Unterschiede waren nur in Nuancen erkennbar. Wahlsiege in Kärnten, wo das BZÖ auch nach Haiders Tod im März 2009 mit 45 Prozent einen fulminanten Sieg einfahren konnten, positionierten das Bündnis als Kärntner Kraft. Die Einigung von FPÖ und BZÖ-Kärnten lässt die in anderen Bundesländern kaum verankerten BZÖ-Politiker nun ratlos zurück.

»Es tut gut, wieder zu Hause zu sein«, drückte der Forst- und Landwirt Uwe Scheuch beinahe tränenreich seine Sicht der Wiedervereinigung des »dritten Lagers« aus. Verhandelt wurde laut FPÖ-Chef Strache bereits seit dem Spätsommer. Es ist bemerkenswert, dass davon nichts an die Öffentlichkeit gedrungen ist. Dies umso mehr, weil führende Kader beider Gruppen sich bis zuletzt persönlich heftig attackiert hatten. So ist beispielsweise auf einem Video ein Streit zwischen FPÖ-Chef Strache und dem Kärntner Landeshauptmann Gerhard Dörfler zu sehen, auf dem Letzterer seinen Hass auf den Gesprächspartner politisch dahin gehend formuliert, er würde eher den Wiener Sozialdemokraten Michael Häupl als Bürgermeister wählen als Strache, der ihm viel zu radikal sei. Am Mittwochabend mimte Dörfler dann den treuen Parteifreund.

Wie es im Parlament am Wiener Ring weitergeht, wird sich in den kommenden Wochen entscheiden. Das frühere Kärntner BZÖ, das seinen Namen nun in FPK (Freiheitliche Partei Kärntens) umgewandelt hat, strebt eine eigene Fraktion im Nationalrat an. Dafür wären fünf Abgeordnete nötig. Bei Redaktionsschluss hatten sich erst vier von sieben Kärntner Mandataren des BZÖ-Clubs auf die neue Linie der Kärntner FPÖ vergattern lassen.

Die Fraktionsstärke würde zusätzliches Geld in die Kassen der Freiheitlichen spülen. Doch auch ohne sie bringt der Coup Bewegung in die innenpolitische Szene. Denn rein rechnerisch könnte sich demnächst eine schwarz-blaue Koalition als Alternative zur herrschenden SPÖ-ÖVP-Regierung anbieten.

Ein fliegender Wechsel des neuen starken Mannes der Österreichischen Volkspartei, Vizekanzler und Finanzminister Josef Pröll, scheint aktuell zwar nicht auf der Tagesordnung zu stehen. Doch auch sein Vorgänger Wolfgang Schüssel, der die radikalen Rechten im Jahr 2000 in die Koalition holte, war davor nicht als FPÖ-Freund bekannt. Die SPÖ wiederum muss vor den kommenden Wiener Wahlen um den Bürgermeisterstuhl zittern. Mit einer gestärkten FPÖ ist die absolute Mandatsmehrheit der Sozialdemokraten in der Bundeshauptstadt gefährdet.

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