Tote bei Protesten in Teheran

Zusammenstöße zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften werden immer erbitterter

  • Lesedauer: 3 Min.
Bei heftigen Auseinandersetzungen zwischen Gegnern des iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad und Sicherheitskräften gab es am Sonntag in Teheran erstmals seit den Protesten im Juni Tote. Das wurde im staatlichen Fernsehen bestätigt.

Teheran (Agenturen/ND). Bei den Demonstrationen am Sonntag in Teheran soll es mindestens vier Tote gegeben haben, darunter ist nach unbestätigten Berichten auch ein Neffe von Oppositionsführer Mir Hussein Mussawi. Offiziell wurden die Berichte dementiert, aber Bilder von zumindest einem blutüberströmten, angeblich getöteten Demonstranten wurden von der Opposition ins Internet gestellt. Anscheinend ein Kopfschuss.

Aber auch die Demonstranten begnügen sich nicht mehr mit Slogans wie »Tod dem Diktator«. Am Sonntag wurden mehrere Polizisten von ihnen überwältigt. Die Demonstranten nahmen ihnen Schlagstöcke, Sicherheitswesten und sogar Schuhe ab. Banken wurden angezündet, Autos, Polizeimotorräder und Abfalleimer gingen in Flammen auf. »Wenn man den Menschen nicht erlaubt, sich öffentlich zur politischen Lage zu äußern, gehen sie in den Untergrund, und das hat dann schlimme Folgen«, warnte der als moderat geltende frühere Präsident Mohammed Chatami die Regierung von Präsident Ahmadinedschad. Auch andere Oppositionsführer wie Mussawi und Mehdi Karrubi hatten vor einem Polizei- und Sicherheitsstaat in Iran gewarnt. »Gewalt wird eines Tages mit Gewalt erwidert«, erklärte Mussawi.

Wut und Gewaltbereitschaft herrschen derweil sowohl aufseiten der Demonstranten als auch bei den Ahmadinedschad-Anhängern. »Wir lassen doch nicht einfach zu, dass unser Präsident von diesen gottlosen Grünen (den Mussawi-Anhängern) beleidigt wird«, sagte einer von ihnen. Zu den Ahmadinedschad-Anhängern gehören auch die Basidsch-Milizen, die Teil der Revolutionsgarden sind und dem Establishment gegenüber absolut loyal. »Diese freiwilligen Basidsch sind schwer zu kontrollieren«, sagte ein Beobachter. »Daher sind sie auch Hauptziel der Demonstranten.«

Die Regierung hat in den vergangenen Monaten versucht, die Proteste wegen angeblicher Wahlfälschung, die zu Ahmadinedschads kontroversem Wahlsieg führte, kleinzureden. Lange Zeit war von den Protesten auch nichts zu sehen und zu hören, aber vorbei war es nicht. Das Oppositionslager, besonders Mussawis Grüne Bewegung, nimmt jeden Anlass wahr, gegen Ahmadinedschad zu protestieren. Mal ist es eine anti-amerikanische Versammlung, mal eine staatliche gegen Israel gerichtete Kundgebung oder nun die Trauerfeiern für den schiitischen Imam Hussein. »Nächstes Mal könnte es auch ein Fußballspiel sein«, meinte ein Journalist.

Beobachter vermuten, dass sich das Regime keinen Gefallen tut, die ehemalige politische Elite in die Opposition zu verbannen. Dem Oppositionsquartett Mussawi, Karrubi, Chatami und Ex-Präsident Akbar Haschemi Rafsandschani, das einen großen Anteil an dem Sieg der islamischen Revolution vor fast 31 Jahren hatte, vorzuwerfen, nun kontrarevolutionär zu sein, wird vom Volk einfach nicht akzeptiert. »Nicht mal mehr die Rede von Chatami zu tolerieren, ist ein politisches und ideologisches Armutszeugnis«, sagte ein Reformaktivist. Chatami wurde am Sonnabend von Ahmadinedschad-Anhängern daran gehindert, eine Rede zu halten.

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