Hinter den Fassaden brodelt der Zorn

Einweihung des Burj Dubai: Was man vergaß

  • Karin Leukefeld
  • Lesedauer: 3 Min.
Millionen Arbeitskräfte aus Indien, Pakistan, Bangladesch, China und von den Philippinen wirken hinter den glänzenden Kulissen der Golfstaaten. Dubai allein ist in nur 50 Jahren von einer Kleinstadt mit 20 000 Einwohnern zur Geschäftsmetropole mit 1,5 Millionen Menschen gewachsen. Die »Gastarbeiter« arbeiten in Haushalten, in Gärten, als Fahrer und Bauarbeiter auf ungezählten Baustellen.

Mindestens 2500 Arbeiter waren an dem Wunderwerk beteiligt, fast fünf Jahre bauten sie das Burj Dubai, das gestern eröffnete, mehr als 800 Meter messende höchste Gebäude der Welt. Zweimal wurde während der Bauarbeiten gestreikt, und es ging dabei nicht immer friedlich zu.

Beim ersten Streik im März 2006 wurden Autos und Büros von Sicherheitskräften und Angestellten zerstört, der Sachschaden soll nach offiziellen Angaben fast eine Million US-Dollar betragen haben. Auslöser der Proteste waren unter anderem schlechte Löhne. So erhielt ein gelernter Zimmermann ganze 7,60 US-Dollar (etwa fünf Euro) pro Tag für seine Arbeit, ungelernte Bauarbeiter verdienten nicht über vier Dollar. Ein damals eingeschalteter Vermittler, Oberstleutnant Rashid Bakhit Al-Jumairi vom Innenministerium, setzte sich für die »kleinen Dinge« der Arbeiter ein, wie er die Forderungen nannte. Die Arbeit ging schließlich weiter.

Immer wieder kommt es in den Golfstaaten zu Protestaktionen der Arbeiter, weil der Lohn nicht gezahlt wird, ihre Unterbringung und die medizinische Versorgung schlecht sind. Mehr als einmal gingen die Behörden von Dubai oder den anderen Emiraten gegen die Firmen vor, an die die Arbeiter vertraglich gebunden sind. 2007 trat ein Gesetz in Kraft, das den Arbeitern die Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft erlaubt, dennoch hat die Ausbeutung nicht nachgelassen, die schlechte Behandlung hielt an.

Zu den schärfsten Kritikern dieser Situation gehört seit Jahren die US-amerikanische Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch, die wiederholt die Emirate beschuldigte, hunderttausende Arbeiter »unmenschlich« zu behandeln und zu betrügen. Kritisiert werden aber auch die Herkunftsländer der Arbeiter, die illegale Anwerbemethoden von Firmen nicht unterbinden. Oft müssen die Arbeiter mehr als 2000 US-Dollar für ein Visum, ein Ticket und eine Auslandskrankenversicherung bezahlen. Kommen sie in den Emiraten an, wird ihnen der Pass abgenommen, ohne den sie das Land nicht wieder verlassen können. Wer sich dennoch der Kontrolle der Firmen entzieht, kann nur illegal in den Emiraten bleiben und versuchen, ohne offizielle Papiere neue Arbeit zu finden. Ein illegales Arbeitsverhältnis allerdings erhöht die Ausbeutung und kann im Gefängnis enden. Allein 2009 wurden in den Emiraten 30 000 »Illegale« festgenommen.

Die Finanzkrise führte 2009 auch zu Entlassungen und Visarücknahmen für Arbeiter aus Südostasien. Eine Analyse des Zentrums für Entwicklungsstudien (CDS) in Thiruvananthapuram, der Hauptstadt des indischen Bundesstaates Kerala, ergab im vergangenen Dezember, dass bis zu 264 000 Südostasiaten ihre Arbeit in den Golfstaaten verloren haben. Die Bautätigkeit in den Emiraten sei bis zu 30 Prozent zurückgegangen, Dubai sei am schwersten betroffen. Allerdings kämen nicht alle Arbeiter zurück. Viele versuchten, sich mit geringeren Löhnen und dem Verzicht auf Vergünstigungen über Wasser zu halten.

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken von Socken mit Haltung und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -