- Kommentare
- kommentiert
Mut zum Hochmut
Im schwarz-gelben Koalitionsvertrag steht der Satz: »Den Christlichen Kirchen kommt eine unverzichtbare Rolle bei der Vermittlung der unserem Gemeinwesen zugrunde liegenden Werte zu.« Lassen wir die nahe liegende Frage der Verfilzung von Politik und Religion, von Staat und Kirche hier beiseite und widmen uns der Frage, welche Werte denn »unserem Gemeinwesen zugrunde« liegen. Bei einschlägigen Umfragen in Deutschland wie in Europa nimmt der Wunsch nach Frieden regelmäßig einen Spitzenplatz ein. Als die evangelische Bischöfin Margot Käßmann in ihrer Neujahrspredigt den mit deutscher Beteiligung geführten Afghanistankrieg im wörtlichen Sinne abkanzelte, was tat sie da eigentlich anderes, als eben dieser angeblich »unverzichtbaren Rolle« zu genügen?
Käßmann-Kritiker Ruprecht Polenz meint, die Kirche äußere sich zu politischen Themen stets mit einer besonderen moralischen Autorität. Dies, so der CDU-Politiker, mache sie jedoch nicht zum »Fachmann in allen möglichen Alltagsfragen«. Was natürlich stimmt und die Frage aufwirft, wieso Kirchenfunktionäre immer wieder als Experten für Familienprobleme, Kindererziehung etc. bis hin zu Sexual- und speziellen Medizinthemen gelten. Und vor allem als Experten für Moral schlechthin. Gerade diese Position wurde und wird hierzulande staatlich und stattlich gefördert, nicht zuletzt mit üppigen Privilegien und Subventionen. Dass solch ein Pakt nicht ohne Gegenleistung funktioniert, erfuhr die EKD-Ratsvorsitzende. Setzte sie sich doch – so die »Welt« – »leichtfertig und hochmütig über die Zwänge und die Dramatik hinweg, in die Politik hienieden immer kommen kann«. Vor solchem Hochmut steht – Mut.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.