Union und SPD feilschen um Soldaten
Debatte über neues Afghanistan-Mandat / Bundeswehr erschießt Zivilisten in Kundus
Berlin (Agenturen/ND). Im Vorfeld der Londoner Afghanistan-Konferenz Ende Januar habe Kanzlerin Angela Merkel (CDU) im Gespräch mit SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier Bedingungen für eine Zustimmung der Sozialdemokraten sondiert, berichteten »Süddeutsche Zeitung« und »Rheinische Post« unter Berufung auf Regierungskreise. Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) unterstützte die Bemühungen um ein auch von der SPD getragenes neues Afghanistan-Mandat. Es sind aber noch Fragen wie die Aufstockung des Bundeswehrkontingents, die Einstufung der Mission und ein konkreter Abzugstermin offen.
Im Gegensatz zur SPD spricht sich Guttenberg gegen ein festes Abzugsdatum aus und vermeidet auch eine Festlegung auf die mögliche Ausweitung des Kontingents. Die in den Medien als US-Bitte genannte Zahl von 2500 zusätzlichen Bundeswehrsoldaten bezeichnete er als unrealistisch. Im Parlament ist von plus 1000 bis 1500 Soldaten die Rede.
Mitten in der Debatte über das künftige Mandat erschossen Bundeswehr-Soldaten am Sonntag in der nordafghanischen Stadt Kundus einen Zivilisten. Der Polizeichef der Provinz Kundus, Mohammad Rasak Jakubi, sagte der Deutschen Presse-Agentur dpa, ein weiterer Zivilist sei verletzt worden. Der Wagen mit den Männern sei an einem Kontrollpunkt in hoher Geschwindigkeit auf Bundeswehr-Fahrzeuge zugefahren und habe trotz aller Warnsignale der Soldaten nicht angehalten. Die Soldaten hätten daraufhin das Feuer eröffnet. Die Bundeswehr bestätigte den Vorfall. Die afghanische Polizei ermittele, ob es sich bei den Männern um Aufständische gehandelt habe.
Nach der Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Margot Käßmann, verlangt nun auch der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Robert Zollitsch, eine neue Perspektive für das deutsche Engagement am Hindukusch. Es sei »höchste Zeit« für eine grundlegende Debatte über die deutsche Sicherheitspolitik. »Wir haben uns allzu lange nur mit Einzelfragen befasst.«
»Wer einen Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan will, muss jetzt damit beginnen, statt eine Truppenaufstockung zu planen«, forderte der außenpolitische Sprecher der Fraktion DIE LINKE Wolfgang Gehrcke. Der Versuch, eine Zustimmung im Bundestag zu einer Truppenaufstockung »durch eine imaginäre Abzugsdebatte zu erkaufen, ist so durchsichtig wie verantwortungslos«. Einen gerechten Frieden für Afghanistan, wie ihn die evangelische und die katholische Kirche forderten, gebe es nicht mit mehr, sondern nur ohne ausländische Soldaten, sagte Gehrcke weiter.
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.