Offensiv gegen die Krise
DGB-Bezirk Hessen-Thüringen trifft sich zum Gewerkschaftskongress
Den Delegierten liegen knapp 80 Anträge zu aktuellen gewerkschaftspolitischen und organisatorischen Fragen vor. So fordert die Region Frankfurt-Rhein-Main als Antwort auf die Massenarbeitslosigkeit eine Offensive für Arbeitszeitverkürzung. Dazu gehören die Senkung der Wochenarbeitszeit um mindestens fünf Stunden bei vollem Lohnausgleich und ein kurzfristiger Freizeitausgleich für nicht zu vermeidende Mehrarbeit ebenso wie die sofortige Rücknahme des Gesetzes zur Rente mit 67 und eine volle Rente ohne Abschläge nach 40 Versicherungsjahren.
»Die Verzichtspolitik der letzten Jahre hat nicht einen Arbeitsplatz geschaffen oder gesichert«, heißt es in der Antragsbegründung. Hingegen habe die in den 1980er und 1990er Jahren erkämpfte Verkürzung der Wochenarbeitszeit in der Metallindustrie im Westen von 40 auf 35 Stunden rund eine Million Arbeitsplätze geschaffen oder gesichert. Auch die derzeitige umfangreiche Kurzarbeit unterstreiche die Bedeutung der Arbeitszeitverkürzung, so die Antragssteller. Allerdings sei sie »eine Arbeitszeitverkürzung mit deutlichen Einkommenseinbußen«.
Ein weiterer Antrag spricht sich strikt gegen jede Form der Privatisierung öffentlicher Betriebe und Einrichtungen und PPP-Projekte aus. Alle abgeschlossenen Privatisierungsverträge müssten transparent und »gegebenenfalls rückgängig gemacht« werden.
Weil die Gewerkschaften zunehmenden Herausforderungen »mit ihren tarifrechtlichen Streikmöglichkeiten nicht mehr ausreichend begegnen können«, möchte der Thüringer Landesvorstand wieder das Thema »Generalstreik in Deutschland« auf die Tagesordnung setzen und verlangt ein umfassendes Streikrecht. Dieses Begehren lehnt sich an einen Beschluss des Gewerkschaftstags 2009 der IG Bauen, Agrar, Umwelt.
Zur Sicherung industrieller Standorte und Einwirkung auf das Wirtschaftsgeschehen fordert ein Antrag der Gewerkschaften IG BCE und IG Metall eine »nachhaltige Industriepolitik anstelle unregulierter Märkte« sowie »umfassende demokratisch-gesellschaftliche Beteiligungsrechte«. Dabei sei unter Beteiligung der Sozialpartner ein »öffentlicher Beteiligungsfonds einzurichten«. Voraussetzung für die öffentliche Mittelvergabe seien »der Erhalt der Arbeitsplätze sowie ein klares Bekenntnis zu Mitbestimmung und Tarifstandards«, so der Antrag im O-Ton.
Die beiden Landesverbände Hessen und Thüringen hatten sich 2002 zum DGB-Bezirk Hessen-Thüringen zusammengeschlossen. Seither steht auch der amtierende Vorsitzende Stefan Körzell an der Spitze des Bezirks. Der 47-Jährige ist zur Wiederwahl vorgeschlagen.
In den letzten vier Jahren hatte sich der DGB gegenüber den Landesregierungen in Wiesbaden und Erfurt mit klaren Ansagen zu Wort gemeldet. DGB und Einzelgewerkschaften wirkten auch als treibende Kraft bei Bündnissen etwa gegen Neonazis oder Bildungsabbau und der Verfassungsklage gegen Studiengebühren in Hessen. Dabei dürfte es auch bleiben, jedenfalls dann, wenn, wie in einem Thüringer Antrag gefordert, die »Präsenz in der Fläche« sichergestellt bleibt und die regionalen Standorte erhalten und ausgebaut werden.
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