Immer mehr Menschen in Schuldenfalle
Nordosten spürt die Folgen der Werftenkrise
Rostock (dpa/ND). Die Schiffbaukrise, Einkommenseinbußen durch Kurzarbeit und Niedriglöhne vor allem in der Tourismusbranche treiben in Mecklenburg-Vorpommern immer mehr Menschen in die Schuldenfalle. »Die Probleme der Werften haben sich 2009 ziemlich massiv bemerkbar gemacht«, sagte Toralf Möller von der gemeinsamen Schuldnerberatung von Caritas und Rotem Kreuz in Rostock in einer Umfrage der dpa. »Bei vielen Leuten wackelt die finanzielle Lage ganz schön – weit stärker als zuvor.« Auch Hartz-IV-Empfänger hätten die Hilfe im vergangenen Jahr häufiger in Anspruch nehmen müssen.
Die Diakonie in Schwerin berichtete ebenfalls von steigendem Bedarf. In der größten Stadt des Landes sorgte die Wirtschaftskrise bei den Schuldenexperten für übervolle Terminkalender. Bei einer Zahl von insgesamt rund 250 Fällen erfasste Möller allein für die Rostocker Caritas 139 »Neuaufnahmen« im vorigen Jahr. »Wir kommen kaum noch hinterher.«
Besonders Schiffbauer in den Wadan-Transfergesellschaften seien betroffen. »Viele haben jetzt ein Viertel weniger Einkommen, sind aber oft Alleinverdiener in der Familie. Da können ausufernde Verbindlichkeiten zur akuten Gefahr werden«, sagt der Berater.
Die Hauptursache, mit der der Teufelskreis aus Schulden, Armut und sozialem Abstieg beginnen könne, sei nach wie vor Arbeitslosigkeit – auch bei Hochqualifizierten. »Wir hatten hier schon Diplom-Ingenieure, die nicht mehr weiter wussten.« Unter den privaten Auslösern einer Schuldenkrise blieben gescheiterte Hausbau-Finanzierungen nach Trennungen oder Scheidungen ein tragischer Dauerbrenner: »Selbst wenn er gut verdient, schafft es ein Partner allein oft nicht. Da hatten wir in Rostock einen Zuwachs um 30 Prozent zu 2008«, meinte Möller. Wartelisten wie in anderen Regionen müsse die Caritas in der Hansestadt zwar noch nicht führen. Manche Menschen sähen sich jedoch einer immer größeren Zahl von Gläubigern gegenüber – etwa nachdem sie in die Fänge von Internet-Betrügern geraten waren.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.