»Else« macht Werbung
Berlin nutzt Sanierung der Siegessäule fürs Image
Etwa alle 30 Jahre braucht Viktoria ein neues Kleid, Dann ist das goldene Gewand der römischen Siegesgöttin dünn geworden. Jetzt ist es wieder so weit mit der Ganzkörper-Verschönerung von »Gold-Else«. Auch die Siegessäule samt drei Reihen Kanonen hat eine Sanierung dringend nötig. Gestern stellte Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) vor, wie Viktoria wieder zu einer glänzenden Erscheinung werden soll. 1200 Gramm Blattgold müssen dazu aufgelegt werden. Die 8,30 Meter große Göttin verfügt über 200 Quadratmeter Fläche.
Während der Sanierungsarbeiten wird die 69 Meter hohe Siegessäule am Großen Stern in Tiergarten aufgeschnitten. Die einschneidenden Maßnahmen geschehen aber nur virtuell auf der Ummantelung, mit der das Denkmal während der Verschönerungskur eingehüllt wird. Die »Durchblick« genannte Verhüllung gewährt fotografisch einen Blick ins Innere der Säule (siehe Abbildung unten). »Die Säule wird von einer Seite als echt wirkende Fassade und von zwei Seiten im Querschnitt mit Bauarbeitern im Innern gezeigt«, berichtete Senatssprecher Richard Meng. »beBerlin« zieht die Siegesgöttin an. Die Hauptstadt will die Verhüllung der Siegessäule für ihre Imagekampagne nutzen. »Werbung von Firmen wird es nicht geben«, versicherte Meng. Im August dieses Jahres werde die Verhüllungsgestaltung wechseln, im Frühjahr 2011 soll sich die Anlage frisch herausgeputzt präsentieren.
Nicht nur die gesamte Anlage mit vier Tunnelhäusern, der Tunnelanlage und den Umfassungsmauern muss saniert werden. Die Standbilder von Roon, Bismarck und Moltke werden gleich mit auf Vordermann gebracht. Ab November 2010 soll die Aussichtsplattform über 285 Stufen wieder erklommen werden können.
4,3 Millionen Euro stehen für die Verschönerung zur Verfügung. »Aus Mitteln des Denkmalschutzes werden noch 240 000 Euro draufgelegt«, so Junge-Reyer. Die Kanonenrohre der oberen vergoldeten (französischen) und der mittleren (österreichischen) Reihe seien noch gut erhalten. »Dringender Handlungsbedarf« bestehe dagegen bei den Kanonenrohren der unteren (dänischen) Reihe, die bereits im 19. Jahrhundert mit Blechen ummantelt worden seien. Die durch Rostsprengung aufgerissenen Ummantelungen werden erneuert und neu vergoldet, die Kanonenrohre vom Rost befreit und konserviert.
»Wir wollen mit der Sanierung keine glänzende Glorifizierung von Kriegen und Siegen, sondern die Geschichte wieder sichtbar machen«, betonte die Senatorin. Im Sockelgeschoss werde weiterhin eine Dauerausstellung über die Geschichte der Siegessäule und europäische Nationaldenkmäler gezeigt. Am Sockel müssen rund 1200 Quadratmeter schwedischer Granit poliert werden. An der 2000 Quadratmeter großen Umfassungsmauer werden verwitterte Sandsteinblöcke ausgetauscht.
Im Februar 2011 geht's dann innen los: Im Treppenhaus aus Carrara-Marmor wird eine Fläche von rund 600 Quadratmetern gereinigt und mit Graffitischutz versehen, in der Säulenhalle das venezianische Glasmosaik mit etwa 400 000 Steinen geputzt, ebenso die reich mit vergoldeten Rosetten verzierte Kassettendecke. Die düsteren Tunnelanlagen bekommen eine neue Lichtanlage. Eine neue Lüftungsanlage soll in den fensterlosen Räumen künftig allzeit für frischen Wind sorgen.
Die Siegessäule war 1873 zur Erinnerung an die preußischen Feldzüge gegen Dänemark (1864), Österreich (1866) und Frankreich 1870/71) auf dem Königsplatz vor dem Reichstagsgebäude aufgestellt worden. Eingeweiht wurde die Siegessäule am dritten Jahrestag der Schlacht bei Sedan, dem 2. September 1873, als »Nationaldenkmal der Einigungskriege«. Nach den Plänen von Albert Speer für die »Reichshauptstadt Germania« wurde die Säule 1938/39 auf den Großen Stern verlegt. 1940 ließ Hitler nach dem Feldzug gegen Frankreich einen vierten Ring von Kanonen hinzufügen.
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