Festnahme, Folter und Lügen

In Kopenhagen findet heute ein Gerichtsverfahren gegen einen Klimaaktivisten statt

  • Lesedauer: 3 Min.
Bei den Protesten gegen den UN-Klimagipfel in Kopenhagen im Dezember wurden über tausend Demonstranten vorübergehend festgenommen. CHRISTOPH LANG ist einer von ihnen, ihm wird heute in Kopenhagen der Prozess gemacht. SUSANNE GÖTZE sprach für ND mit dem Studenten.

ND: Sie haben in Kopenhagen gegen den UN-Klimagipfel demonstriert und müssen nun vielleicht ins Gefängnis. Was wird Ihnen vorgeworfen?
CHRISTOPH LANG: Ich wurde auf einer Massen-Ingewahrsamnahme während der »Reclaim-Power«-Aktion festgenommen. Wir wollten an diesem Tag das Bella-Center erreichen und dort ein »Assembly of the people« abhalten. Die Festnahmen waren eine der üblichen präventiven Maßnahmen. Aufgrund des dänischen »Lümmelpakets« konnten Demonstranten ohne Verdacht festgesetzt werden. Mir wird vorgeworfen, zwei Polizisten während des Abtransports im Polizeibus getreten zu haben.

Und das streiten Sie ab?
Ich werde keine Aussage machen. Die zwei Polizisten, die mich verklagen, haben an sehr vielen Stellen sichtlich gelogen.

Für den »Reclaim-Power-Tag« wurden im Vorfeld schon Aktionen des zivilen Ungehorsams angekündigt: Die Reaktion der Polizei war deshalb nicht überraschend.
Ich fand das Ziel sehr gut, über die Zäune zu klettern, in das Verhandlungszentrum zu gehen und dort drinnen die »Versammlung von unten« abzuhalten. Es ging nicht darum, in die Gebäude zu gehen, sondern nur auf das Gelände. Wir wollten zeigen, dass es hier ein Legitimitätsproblem gibt. Aber es war relativ schnell klar, dass es nicht funktionieren würde, da wir zu wenig Aktivisten waren.

Welche Strafe erwartet Sie?
Wenn ich verurteilt werde, wird es eine Mindeststrafe von 40 Tagen geben. Da es aber zwei Beamte sind, die mich beschuldigen, wird es wahrscheinlich mehr werden – also 60 bis 80 Tage.

Viele Demonstranten haben auch gegen dänische Polizisten geklagt: Wie sind die Beamten denn mit den Demonstranten umgesprungen?
Ich habe auch einem der beiden Polizisten, die mich angezeigt haben, eine Anklage angedroht. Ich suche aber noch Zeugen: Er hat mich im Polizeibus drei Mal gewürgt – und das nur, weil ich dagegen protestiert habe, dass Leute gequält wurden.

Was heißt gequält?
Die Polizei hat teilweise unter Schlagstockeinsatz die Gefangenen auf ihre Sitze zurückgedrängt. Sie haben mehrere Insassen mit ihrem Kapuzenpullover gewürgt. Ein Demonstrant wurde an den Ohren hereingetragen – solange bis er geblutet hat. Das ist eben der unerklärte Notstand, der bei solchen Gipfeln immer ausgerufen wird.

In Kopenhagen wurden über tausend Demonstranten festgenommen: Wie viele müssen mit einer Klage rechen?
23 DemonstrantInnen waren zusammen mit mir in Untersuchungshaft, sechs davon aus Deutschland. Wir müssen alle mit einem Prozess rechnen. Zwei Deutsche hatten schon ihren Prozess, eine wurde freigesprochen, die andere verurteilt, aber dagegen geht sie in Berufung. Einige haben aber noch keinen Prozesstermin, beispielsweise Tadzio Müller.

Der nächste Klimagipfel findet Ende 2010 in Mexiko statt. Werden Sie weiter demonstrieren?
Ich bin derzeit voll mit den Repressionen beschäftigt. Ich werde zusammen mit den anderen, die mit mir im Gefängnis waren, versuchen, gegenseitige Hilfe aufzubauen. Beispielweise gibt es einen weißrussischen Aktivisten, der so viele Gerichtskosten aufbringen muss, dass er diese sein halbes Leben lang abzahlen müsste. Das müssen wir solidarisch abfedern.

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken von Socken mit Haltung und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -