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»Berg ist schneller als die Regierung«

Erdrutsche in Süditalien verschlucken Dörfer

  • Anna Maldini, Rom
  • Lesedauer: 3 Min.

In Süditalien haben die starken Regenfälle der letzten Wochen zu zahlreichen Erdrutschen geführt. Fast 5000 Menschen mussten jetzt ihre Häuser verlassen, mehrere Ortschaften sind isoliert. Und wieder einmal war die prekäre hydrogeologische Situation der Gegend bekannt und es ist reines Glück, dass – zumindest bisher – keine Menschen umgekommen sind.

Maierato (Kalabrien) ist eine Geisterstadt, es herrscht ein Horrorszenarium. Die 2300 Einwohner mussten evakuiert werden, weil ein Teil des Hangs, an dem die Ortschaft gebaut ist, langsam aber stetig ins Tal rutscht. Auf seinem Weg nimmt der Berg alles mit, was ihm in den Weg kommt: Straßen und Strommasten, Häuser und Wasserleitungen, Bäume und Zäune. Die Menschen hatten nur wenige Stunden Zeit, um ihr Habe in Autos und auf kleinen Lastwagen zu verstauen. Dann wurden sie von der Polizei in Schulen und Sporthallen der umliegenden Gemeinden gebracht. Ob und wann sie wieder in ihr Städtchen zurück können, ist ungewiss.

Das gleiche Bild in San Fratello, in der Nähe von Messina. Auch hier hat der Hang bereits zahlreiche Straßen und Häuser und auch zwei Schulen unter sich begraben und auch hier mussten die Menschen ihre Wohnungen verlassen. »San Fratello verschwindet und rutscht ins Meer«, erklärt eine alte Frau, die ihre Habseligkeiten in einen Wagen lädt. Aus der Kirche hat man in aller Eile zumindest die Christusstatue herausgetragen und wartet jetzt darauf, dass die Erde auch dieses Gebäude verschüttet. Der Berg ist nicht aufzuhalten. Und niemand kann sagen, wann der Notstand, der in diesem Teil Siziliens ausgerufen wurde, wieder aufgehoben werden kann.

Die Liste der betroffenen Gemeinden ist schier endlos. Und in den Verkehrsnachrichten werden pausenlos die Straßen aufgezählt, die nicht mehr befahrbar sind. Insgesamt mussten in diesen Stunden etwa 5000 Personen evakuiert werden. In vielen Ortschaften haben kleinere und größere Erdrutsche Wasser- und Stromleitungen zerstört, wurden Straßen und Brücken in Mitleidenschaft gezogen.

Und immer, wenn es mal etwas mehr als gewöhnlich regnet, bietet sich das gleiche Bild: Im vergangenen Oktober sind in Giampilieri – ebenfalls bei Messina – 31 Menschen bei einem Erdrutsch umgekommen. Und damals wie heute waren die Gefahren bekannt. Es wurde gebaut, wo man eigentlich nicht bauen dürfte. Die Warnungen der Spezialisten wurden in den Wind geschlagen und in einigen Fällen versickerten Gelder, die bereits für Konsolidierungsmaßnahmen verabschiedet worden waren, in irgendwelchen obskuren Kanälen. »Der Berg ist immer schneller, als die Regierung«, erklärt nun ein Bauer, der seinen kleinen Hof verloren hat.

Viel Hoffnung auf schnelle Hilfe haben die Einwohner der betroffenen Gegenden nicht. Als im Oktober Giampilieri zerstört wurde, hatte Ministerpräsident Silvio Berlusconi erklärt, alle Betroffenen würden sofort neue Unterkünfte erhalten und man werde umgehend dafür sorgen, dass der betroffene Hang befestigt wird. Heute, vier Monate später, ist nichts geschehen. Im Gegenteil: Nun ist ein weiterer Teil des Berges abgerutscht und Giampilieri stirbt wohl endgültig.

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