Einsicht ohne echten Wandel
Grund zum Überdenken gibt es reichlich: »Rethinking Macroeconomic Policy« titulierte der Chefökonom des Internationalen Währungsfonds (IWF), Olivier Blanchard, sein neuestes Papier. Der IWF-Vordenker gesteht dort Versäumnisse ein. Was er nicht eingesteht, ist, dass die im Süden viele Menschenleben gekostet haben. Drei Jahrzehnte hat die unheilige Trinitas von US-Regierung, Internationalem Währungsfonds und Weltbank dem Süden über Strukturanpassungsprogramme vorgeschrieben, was zu tun war. Der IWF war Triebfeder der im Washington Consensus zusammengefassten Entwicklungsblaupause, basierend auf dem Dreiklang von Privatisierung, Liberalisierung und Defizitreduzierung. So wurden dem Süden seit dem Beginn der Schuldenkrise 1982 Entwicklungspfade aufgezwungen, die mit Entwicklung im Sinne von Armutsbekämpfung und sozialem Ausgleich nicht im Entferntesten etwas zu tun hatten.
Blanchard und Co. räumen ein, dass ihnen im Zuge der globalen Weltwirtschaftskrise bewusst geworden wäre, dass die Vernachlässigung der Steuerpolitik und die Deregulierung im Finanzsektor im Süden Fehler gewesen seien, die viele Krisen verschärft hatten. Das ist exakt das, was IWF-Kritiker seit Jahr und Tag anführen, wie einst schon bei der IWF und Weltbank-Gegentagung 1988 in Westberlin.
Trotz der Einsicht in eigene Fehler ist es unwahrscheinlich, dass der IWF seine Blaupause derart abändert, dass Entwicklungsländer künftig eine Chance auf nachholende Entwicklung haben. Dafür müsste er ihnen vor allem eine Kombination aus unterbewerteter Währung und mit Verarbeitungsstufe steigender Protektion verschreiben – ein Rezept, dem China ganz entgegen dem Washington Consensus mit Erfolg gefolgt ist.
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