Deutscher Doppelerfolg im »Matchbox«-Bob
Oberhofer Pilot André Lange gewinnt seine vierte olympische Goldmedaille / Riesaer Thomas Florschütz rast zu Silber
Es ist eine Angewohnheit von André Lange, sich vor Interviews die Hände zu reiben. Ganz nach der Devise: So dass habe ich geschafft, jetzt seid ihr dran! Nach seinem Sieg im Zweierbob ist der 36-jährige Oberhofer zum erfolgreichsten Bobpiloten aller Zeiten aufgestiegen. Da hat er wirklich was geschafft, also wurden wieder die Hände gerieben.
Gemeinsam mit Anschieber Kevin Kuske, der ebenfalls sein viertes Gold errang, gewann Lange eindrucksvoll vor dem Riesaer Thomas Florschütz an den Lenkseilen und Richard Adjei an den Bremsen.
Das Whistler Sliding Center ist fest in deutscher Hand. Und noch ist die Party nicht vorbei. Auch im Vierer ist Lange der haushohe Favorit auf Gold. »Wir haben mit den FES-Schlitten zwei Bobs gehabt, die erstens verdammt schnell sind und sich zweitens auch noch gut lenken lassen – eine sehr wichtige Eigenschaft auf dieser Bahn«, so Lange, der auf die vielen Stürze auch bei den Bobpiloten anspielte. Prominentestes Opfer war der Lokalmatador Lyndon Rush, der – auf Medaillenkurs – seinen Bob im zweiten Lauf auf die Seite legte.
Danach hatte Lange nur noch einen ernsthaften Gegner: Thomas Florschütz. »Hier hat eigentlich alles hingehauen, bis auf die zwei Zehntel, die André Vorsprung hat. Wo er die geholt hat, weiß ich nicht, aber wir sind sehr froh über Silber«, sagte der Riesaer, der erst in zwei Weltcups zuvor mit seinem neuen Anschieber, dem dunkelhäutigen Richard Adjei, unterwegs gewesen war. »Das war sicher ein Risiko, aber es hat funktioniert«, so Florschütz.
Lange bezeichnete den Erfolg als den »schwersten seiner Olympiasiege«, weil die Erwartungshaltung so viel höher gewesen sei als bei seinem Olympia-Coup im Vierer 2002 in Salt Lake City und dem zweifachen Triumph 2006, als er in Turin im Zweier und Vierer zu Gold fuhr. »Hohe Erwartungen zu erfüllen, ist nicht so einfach«, sagte Lange. »2002 wollten wir als junge Kerle die Welt erobern, jetzt hat alles nur auf uns geschaut.«
Augenscheinlich hatten Lange und Florschütz die wenigsten Probleme in der Hochgeschwindigkeitsbahn. Das bedeutet aber nicht unbedingt, dass sie auch im Vierer ab Freitag die richtige Fahrlinie finden werden. Immerhin ist Lange am Saisonanfang hier im Vierer gestürzt, was er auch diesmal nicht ausschließen konnte. »Man muss schon beachten, dass wir hier mit den ›Matchbox‹, also nur den Zweiern, unterwegs waren«, warnte Lange. Der Vierer sei noch ein paar Stundenkilometer schneller und schwieriger zu lenken.
Deshalb freuen sich die Piloten nun, dass die Bahnverantwortlichen ihren Einwänden endlich Rechnung tragen und die sogenannte Profilierung der Bahn im Sinne der Athleten verändern wollen. Das bedeutet, dass die mittlerweile bis zu 15 Zentimeter dicke Eisschicht vor allem an Kurveneinfahrten teilweise wieder abgetragen wird, um die Bobs in die gewünschte Richtung einzulenken und damit das Sturzrisiko zu verringern. »Das gibt uns Piloten dann mehr Chancen, bei einem Fehler den Bob wieder abzufangen«, erklärte Lange.
Bis zum Freitag wollte sich zumindest Florschütz noch ein, zwei Bier gönnen. »Ich will ja auch endlich mal meinen Geburtstag nachfeiern, an dem ich hier nur trainiert habe.« Der gebürtige Sonneberger war am 20. Februar 32 Jahre alt geworden. Alle anderen deutschen Bobfahrer haben nur noch den Vierer im Sinn. »Diese Bahn verzeiht keine Unkonzentriertheit«, so Lange, der für seine akribische Rennvorbereitung bekannt ist. »Ich habe noch keinen Bock zu feiern«, stimmte der 27-jährige Wahl-Bayer Richard Adjei aus dem Silber-Zweier mit ein. »Erst kommt noch der Vierer, und danach haben wir viel Zeit zum Feiern.« Der einstige Footballer bei den Berlin Thunder, dessen Vater Ghanaer ist, ist der erste dunkelhäutige Bremser in einem deutschen Bob.
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