Amflora kommt nach Zepkow

Ein Weiler südlich der Müritz wartet auf die Gen-Knolle vom Rhein

  • Velten Schäfer
  • Lesedauer: 3 Min.
Seit einigen Jahren wird südlich der Müritz mit der gentechnisch veränderten Amflora-Kartoffel des BASF-Konzerns experimentiert. Kritiker warfen den Pflanzern immer wieder Patzer vor. Nachdem die EU-Kommission in Brüssel am Dienstag grünes Licht für den Anbau gegeben hatte, wird Amflora in Zepkow nun erstmals »kommerziell« wachsen – wenn zunächst auch nur auf kleinem Acker.

Zepkow bei Röbel ist so klein, dass es selbst Ortskundigen nicht sofort einfällt. Der Ort liegt zwar ganz nah an der Autobahn Rostock-Berlin, kurz hinter der Grenze zwischen Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern – aber ziemlich weit weg von einer Anschlussstelle. Auch eine Landstraße gibt es nicht, zwei kleine Kreisstraßen sind die einzige Verkehrsverbindung.

Nun könnte sich der abgelegene Weiler nachhaltig auf der Konfliktlandkarte im Nordosten etablieren: Bundesweit ist derzeit nur in 17209 Zepkow, Flurstück 317/18, der Anbau der gentechnisch veränderten Amflora-Kartoffeln angemeldet – zumindest laut »Risikoregister« der Umweltorganisation Greenpeace. Mit der Industriekartoffel will die »BASF Plant Science« den Durchbrauch für Gentechnisch Veränderte Organismen (GVO) in Deutschland schaffen, und in Zepkow soll dieser beginnen.

Schon seit Jahren wird im Süden der Müritz – in Zepkow selbst, im nahen Butow und im brandenburgischen Perleberg – mit der Amflora-Kartoffel experimentiert. Da bisher der reguläre Anbau der Kleister- und Papierknolle nicht gestattet war, wurde in »Freisetzungsversuchen« unter anderem versucht, Amflora-Saatgut nachzuziehen.

Dabei sind auch Konflikte nicht ausgeblieben: 2008 kam es immerhin zum Versuch einer »Feldbesetzung« durch Gentechnikgegner. Zudem behauptete eine nicht näher genannte Person gegenüber Zeitungen, er habe die Gentech-Knollen-Saat mit zwischengestreuten Biokartoffeln »verunreinigt« – was sich allerdings nicht beweisen ließ. Im selben Jahr aber beklagte das »gen-ethische Netzwerk« nach einer Feldbegehung vor Ort, Amflora tendiere zum unkontrollierten »Durchwuchs«: Auf einem Maisfeld, auf dem zuvor die Gen-Knolle gewachsen war, hätten sich trotz gezielten Herbizideinsatzes zahlreiche Pflanzen erhalten und fortgepflanzt.

Die regionale Bürgerinitiative »Müritzregion – gentechnikfrei« hatte den Amflora-Pflanzern in der Gegend immer wieder Pannen vorgehalten. So werde nicht nur der »Durchwuchs« inkonsequent bekämpft, es habe auch grobe Pannen gegeben: Unter anderem sei 2007 das falsche Feld mit GVO bepflanzt worden. Allerdings waren die »Versuchsflächen« in früheren Jahren größer als die heute beantragte Anbaufläche – laut gen-ethischem Netzwerk maßen sie teils über 50 Hektar. Da die Kartoffelaussaat im April beginnt, sind für dieses Jahr keine weiteren Anbauflächen mehr zu erwarten – sie hätten 90 Tage zuvor angezeigt und veröffentlicht werden müssen.

Das hat Mecklenburg-Vorpommerns Agrarminister Till Backhaus (SPD) auch gleich nach der Nachricht aus Brüssel unterstrichen. Backhaus, der lange Zeit nicht als Genkritiker galt, hatte just vor der Amflora-Entscheidung nachdenklichere Töne angeschlagen. Jetzt will er Berlin bitten, eine Inanspruchnahme der »Schutzklausel« zu prüfen, die noch immer einen vorläufigen Stopp des Anbaus bedeuten könnte. Diese Klausel ermöglicht EU-Ländern, die Aussaat von GVO-Pflanzen eigenständig zu verbieten.

Im Schweriner Landtag fand das »Amflora«-Votum ein geteiltes Echo. Linkspartei-Agrarexperte Fritz Tack sprach von einem »Handstreich« des BASF-Konzerns und zweifelte am Nutzen der Knolle: Auch mit konventionellen Anbaumethoden ließen sich Sorten mit hohem Stärkeanteil ziehen. CDU-Politiker Henning von Storch begrüßte dagegen den Startschuss für das Gen-Zeitalter: In Mecklenburg-Vorpommern sei für alle Pflanzen Platz.

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