Die Revolution blieb aus
Fast hätte die Hochschulrektorenkonferenz (HRK) im November letzten Jahres den großen Sprung nach vorn gewagt. Unter dem Eindruck der Studentenproteste und der sich häufenden Klagen über die Fehlentwicklungen bei der sogenannten Bologna-Reform war das HRK-Präsidium bereit, alte Zöpfe abzuschneiden. Selbstkritisch wurde angemerkt, dass bei der Umstellung der Diplom- und Magisterstudiengänge auf die Abschlüsse Bachelor und Master von den Hochschulen Fehler gemacht wurden. Eine für deutsche Hochschulverhältnisse regelrechte Revolution bedeutete die Forderung nach einer Öffnung der Hochschulen für neue Studierendengruppen. Daraus folge, so das HRK-Präsidium, dass vor allem der Zugang für Studieninteressierte ohne Abitur ausgebaut werden müsse. Die Hochschulen seien für die soziale Öffnung ihrer Institution verantwortlich, heißt es in der Resolution weiter.
Die Revolution blieb aus, denn der Antrag des Präsidiums verschwand wieder in der Schublade. Das sagt viel über das Beharrungsvermögen der akademischen Spitze in dieser Gesellschaft aus. Die Hochschulrektoren haben ihre eigene Führung ausgebremst, obwohl diese nicht weniger vor hatte, als ein wichtiges Ziel der Bologna-Reform umzusetzen: die Öffnung der Universitäten für beruflich Qualifizierte. Dieses Ziel ist bereits in dem Bologna-Beschluss von 1999 von den europäischen Bildungsministern formuliert worden.
Dass sich in Deutschland die Hochschulen beharrlich weigern, dieses Ziel ernsthaft anzupacken, liegt auch daran, dass sie die Konsequenzen scheuen: eine soziale Öffnung des akademischen Betriebs brächte Studierwillige, die ein Studium in erster Linie als berufsqualifizierende Ausbildung betrachten, ohne jegliche bildungsbürgerliche Attitüde an die Hochschulen. Der vor über 40 Jahren durch die '68er-Revolte ausgelöste Sturm auf die ständische Gesellschaft an den Universitäten würde dadurch erst erfolgreich zu Ende gebracht.
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