Backstuben ohne Nachwuchs

In Sachsen-Anhalt gibt es immer weniger Bewerber für Ausbildungsplätze in traditionellen Bäckereien

  • Katharina Thormann, dpa
  • Lesedauer: 2 Min.
Geringe Vergütung, viel Nachtarbeit – das Image des Bäckerberufes ist nicht gut. Innerhalb eines Jahrzehnts ist die Zahl der traditionellen Bäckereien in Sachsen-Anhalt von 579 auf 325 geschrumpft. Dafür werden in Supermärkten und Tankstellen immer mehr Backwaren verkauft.

Magdeburg/Jeßnitz. In regelmäßigen Abständen klickt sich Bäckermeister Michael Burchert durch sein Profil auf der Internetseite der Arbeitsagentur, worin er zwei Ausbildungsplätze zum Bäcker und Konditor offeriert. »Ich musste mich dort anmelden, denn momentan sind die Bewerberzahlen in meinem Betrieb drastisch eingebrochen«, berichtet der Bäckermeister aus Jeßnitz (Landkreis Anhalt-Bitterfeld). Waren es bei der Firmengründung im Jahr 2002 noch zehn Bewerber auf einen Ausbildungsplatz, »geht die Tendenz jetzt gegen Null«.

Die Gründe für das Desinteresse an dem Beruf habe nicht nur etwas mit dem Geburtenrückgang und der Abwanderung zu tun. Die Tätigkeit in der Backstube ist seiner Meinung nach für junge Menschen besonders wegen der Arbeitszeiten unattraktiv. Hinzu komme die geringe Vergütung und das schlechte Image des Handwerks im Allgemeinen. »Das wurde viele Jahre nicht gepflegt«, sagt Burchert.

Verfehlte Förderpolitik

Joachim Vogel vom Landesinnungsverband des Bäckerhandwerks in Magdeburg bestätigt die rückläufigen Bewerberzahlen: »Viele Betriebe haben das Problem, geeignete Bewerber zu finden.« Einige Stellen blieben deswegen unbesetzt. Im nördlichen Teil Sachsen-Anhalts haben laut Vogel im vergangenen Jahr 30 Bäckerlehrlinge mit der Ausbildung begonnen. »Das ist mit Abstand die niedrigste Zahl überhaupt seit Beginn der Statistik im Jahr 1991.« Zum Vergleich: Im Jahr 1997 begannen 132 junge Männer und Frauen eine Ausbildung zum Bäcker in der Region um Magdeburg. Die Zahlen für den südlichen Landesteil sähen ähnlich aus., sagte Vogel. Eine Ursache für die negative Entwicklung sei der Konzentrationsprozess infolge einer »verfehlten Förderpolitik im Bäckerhandwerk«, sagte Vogel. Überregional produzierende Betriebe seien von der Politik gefördert worden, regionale Bäcker nicht. Innerhalb eines Jahrzehnts sei die Zahl der traditionellen Bäckereien in Sachsen-Anhalt von 579 auf 325 geschrumpft.

Die neue Konkurrenz

»Das liegt auch daran, dass wir in Supermärkten und Tankstellen mehr Backwarenkonkurrenz bekommen haben«, sagte Innungsmeister Manfred Stelmecke.

Bisher hat es auch Bäckermeister Michael Burchert Jahr für Jahr geschafft, junge Menschen von dem Beruf des Bäckers zu überzeugen: »Ich habe dafür neue Wege beschritten.« Man muss seiner Ansicht nach mit den Bewerbern vorlieb nehmen, die sich melden, auch wenn sie nicht die schulischen Voraussetzungen – etwa einen Realschulabschluss – mitbrächten.

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.