Regierung zerstritten und leichtfertig
Umfrage ergab wenig Schmeichelhaftes
Zunächst erklärte Karlsruhe am 9. Februar die Hartz IV-Regelungen zur Leistungsbemessung für verfassungswidrig, am Dienstag kippte es die Vorratsdatenspeicherung. In Sachen Hartz IV rügte Präsident Hans-Jürgen Papier gar: »Die verfassungsrechtlichen Mängel betreffen die Vorgehensweise des Gesetzgebers bei der Bemessung der Regelleistungen«. Diese Kritik trifft natürlich auch den Bundestag, doch waren beide Initiativen jeweils Prestigeprojekte der Regierungen von Gerhard Schröder und Angela Merkel. Spekulierten sie darauf, politische Ziele durch das Parlament zu pauken und möglicherweise einige Jahre danach in Karlsruhe die rote Karte zu sehen? Die Bevölkerung hält solche Gesetze eher für einfach schlecht vorbereitet, wie eine repräsentative Umfrage von TNS Emnid in dieser Woche zeigt (siehe Grafik). Gleichwohl meinen 46 Prozent, das höchste deutsche Gericht solle künftig eine größere Rolle bei der Überprüfung von Gesetzen spielen. Das befürworten vor allem die Anhänger der LINKEN, am wenigsten die der SPD. Dabei hat die Hälfte die Strategie »lächeln und winken« bereits durchschaut: 48 Prozent halten es für zutreffend, dass die Bundesregierung leichtfertig mit dem Grundgesetz umgeht.
Ein halbes Jahr nach Amtsantritt ist die Koalition von Union und FDP vor allem eines: zerstritten. Acht von zehn Befragten, auch jeweils zwei Drittel unter den Wählern der Regierungsparteien, sehen es so. Wenig schmeichelhaft, dass nur 49 Prozent meinen, das Spitzenpersonal der Regierung würde sich in seinem Fach auskennen. Hier kommt auch jeweils ein Drittel der Sympathisanten von Union und FDP ins Zweifeln. Nur vier von zehn Befragten nennen die Arbeit der Regierung sorgsam und gewissenhaft, nicht einmal dreißig Prozent erkennen eine klare Richtung. Generell fällt die Kritik unter Ostdeutschen, Anhängern der Oppositionsparteien und Gewerkschaftern etwas stärker aus als insgesamt.
Der Autor leitet den Bereich Medien- und Öffentlichkeitsarbeit der Linksfraktion im Bundestag.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.