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  • Verhandlungen über weltweiten Artenschutz

Die Würfelnatter muss warten

Für manche Spezies trägt Deutschland globale Verantwortung

  • Walter Schmidt
  • Lesedauer: 5 Min.
Am heutigen Sonnabend beginnt in Doha (Emirat Katar) die 15. Konferenz zum Washingtoner Artenschutzübereinkommen (CITES). Die Konferenz entscheidet in den kommenden 12 Tagen darüber, mit welchen Tieren und Pflanzen gehandelt werden darf. Im Mittelpunkt der deutschen Bemühungen stehen Haie und Elefanten. Das Engagement für manche nur bei uns heimische Arten ist nicht ganz so ausgeprägt.

Viel treffender als Bodensee-Vergissmeinnicht kann eine bedrohte Pflanzenart nicht heißen. Nach der Roten Liste der Farn- und Blütenpflanzen ist das Gewächs in Deutschland vom Aussterben bedroht. Die bis zu zehn Zentimeter hohe Pflanze gedeiht nur auf nährstoffarmen, tonigen Sand- und Kiesböden entlang von Seeufern, deren Wasserstand schwankt. Doch indem der Mensch auch im Alpenraum die Pegelstände der Seen reguliert, die Ufer bebaut oder auf andere Weise zerstört hat, ist der ursprüngliche Bestand der fliederblau blühenden Pflanze stark zurückgegangen.

Das Bodensee-Vergissmeinnicht gehört zu jenen Tier- und Pflanzenspezies, für die Deutschland beim Artenschutz eine besondere Verantwortung trägt – wie zum Beispiel Ruanda, Uganda und Kongo für die Zukunft der bedrohten Berggorillas oder Ecuador für den Schutz der Galapagos-Riesenschildkröten. Deutschlands Augenmerk hingegen muss selten gewordenen Tierarten wie der heimischen Kreuzkröte, dem Rotmilan, der Mopsfledermaus und der Würfelnatter gelten.

Ein Staat ist »in besonders hohem Maße verantwortlich« für eine Art, wenn er weltweit über 75 Prozent aller Exemplare beherbergt, wie Deutschland bei der Helgoländer Hausmaus – und immer noch »in hohem Maße«, wenn der Anteil am weltweiten Vorkommen mindestens ein Drittel beträgt wie bei der Wildkatze, erläutert die Naturschutz-Referentin des Umweltverbandes BUND, Heidrun Heidecke. Auch »hochgradig isolierte Vorposten« können – etwa beim Feldhamster – eine besondere Verantwortung begründen. »Trotzdem verweigert sich die Politik diesem wichtigen Thema«, bedauert Heidecke. Zum Verdruss der Bundesländer sehe des neue Bundesnaturschutzgesetz immerhin die Möglichkeit vor, im Rahmen einer Verordnung streng zu schützende Arten zu benennen, die »im Inland vom Aussterben bedroht sind« oder für welche »die Bundesrepublik Deutschland in besonders hohem Maße verantwortlich ist«. Doch eine solche Verordnung kann nur mit Zustimmung des Bundesrates erlassen werden, weil in Deutschland der praktische Naturschutz Ländersache ist.

Nach Ansicht Heideckes, die von 1994 bis 1998 selbst Umweltministerin in Sachsen-Anhalt war, ist »Blockade also programmiert«. Denn die Länder sähen sich außerstande, ihrer Pflicht nachzukommen. »Vielerorts sind die Naturschutzverwaltungen wegen des Bürokratie-Abbaus personell ausgedünnt worden«, sagt die BUND-Naturschutzexpertin. Laut einer Stellungnahme des Bundesrates hätten Maßnahmen zum Schutz der so genannten Verantwortungsarten denn auch »eine ganz erhebliche Mehrbelastung«, eine »Zersplitterung der begrenzten Ressourcen« und ein noch größeres Vollzugsdefizit zur Folge.

Bisher hat die Bundesregierung noch keine Regelung auf den Weg gebracht. »Wir prüfen derzeit, wie wir mit den Bedenken der Länder umgehen und wie wir die gesetzliche Ermächtigung zum Auflegen einer solchen Verordnung nutzen wollen«, sagt Gerhard Adams, der für Artenschutz zuständige Referatsleiter im Bundesumweltministerium. Man wolle die Bundesländer »für die Idee des Schutzes der Verantwortungsarten gewinnen«.

Davon profitieren würde auch der Rote Milan, für den Deutschland in hohem Maße verantwortlich ist, machen doch etwa 60 Prozent aller Exemplare dieses Greifvogels in der Bundesrepublik Jagd auf Mäuse, Maulwürfe und Vögel wie Stare. Im nördlichen Harzvorland, wo besonders viele Rotmilane leben, erschwert ihnen der zunehmende Maisanbau die Jagd. Denn anders als die nur niedrig aufwachsenden Futterpflanzen Klee und Luzerne, die zu DDR-Zeiten verbreitet waren, bieten die hohen Maispflanzen den Beutetieren des Roten Milans viel besseren Schutz.

Der BUND fordert nicht nur von der Bundesregierung, sondern auch von den Bundesländern, sich der Artenschutz-Verantwortung Deutschlands im Sinne der Rio-Konvention über die biologische Vielfalt von 1992 »offensiv zu stellen«. Dazu müssten nationale Verantwortungsarten festgelegt und diese wirksam geschützt werden. Zwar sei richtig, »dass viele der Verantwortungsarten einen Schutzstatus haben – aber richtig ist auch, dass sich trotzdem ihre Situation verschlechtert«, begründet Heidecke die Forderung ihres Verbandes. Schutzgebiete seien auch für Arten nötig, die »auf der Roten Liste als nicht besonders gefährdet angesehen werden – zum Beispiel Elbebiber, Kreuzkröte oder Wildkatze«.

Die Blockade-Haltung der Bundesländer kritisiert die Naturschützerin scharf: »Wir können nicht von den armen Ländern etwas verlangen, was wir selbst nicht zu leisten bereit sind.«


CITES-Anträge

Die wichtigsten Anträge an die 15. Konferenz zum Washingtoner Artenschutzübereinkommen (Convention on International Trade in Endangered Species of Wild Fauna and Flora, abgekürzt: CITES):

Eisbären: Die Tiere sollen nach dem Willen der USA strikt geschützt werden. Derzeit gebe es noch insgesamt 20 000 bis 25 000 Eisbären. Von 1992 bis 2006 seien knapp 31 300 Eisbär-Trophäen und auch lebende Tiere gehandelt worden.

Tiger: Die EU möchte ein Zuchtverbot für Tiger in China erreichen und ein Verbot des Handels mit Tigerprodukten auch innerhalb Chinas.

Krokodile: Ägypten möchte das Nil-Krokodil vom Anhang I (striktes Handelsverbot) auf den Anhang II setzen lassen, so dass insbesondere Jungtiere und Krokodil-Produkte begrenzt ausgeführt werden können.

Rotaugenfrösche: Honduras und Mexiko möchten den Handel mit fünf Arten der Rotaugenfrösche reglementieren. Allein die USA hätten in den vergangenen zehn Jahren jährlich rund 22 000 Tiere einer Art für Terrarien importiert.

Haie: Deutschland möchte den Handel mit Dorn- und Heringshaien reglementieren, die USA fordern diesen Schutz für weitere sechs Haiarten. Diese sollen nur noch dort gefischt werden dürfen, wo der Bestand dadurch nicht gefährdet wird.

Korallen: Der Handel mit mehr als 30 Arten der Roten und Rosa Korallen soll reglementiert werden. Insbesondere im Mittelmeer wurden die für Schmuck genutzten Arten auf wenige kleine Stöcke reduziert.

Blauflossenthunfisch: Monaco will ein Handelsverbot für den Blauflossenthunfisch erreichen, was in der EU vor allem bei Frankreich, Spanien und Italien mit ihren großen Thunfischflotten auf Widerstand stößt.

Rosenholz: Brasilien fordert eine Handelskontrolle für die Bäume aus dem tropischen Regenwald im Amazonasgebiet. Sie werden wegen ihres Öls und des Holzes oft auch illegal geschlagen. (Konferenz-Dokumente: http://dpaq.de/ikQsO) dpa/ND

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