Jobabbau sichert die Renditen
Deutsche Aktienkonzerne schütten Milliardensummen an Aktionäre aus
Der Krise zum Trotz rollt der Rubel weiter. Während die Top-30-DAX-Unternehmen tausende Mitarbeiter in die Arbeitslosigkeit schicken, gehen die Zahlungen an ihre Anteilseigner weiter. Zu diesem Ergebnis kommt eine Umfrage des Nachrichtenportals »Spiegel Online«, welche die Dividendenpolitik führender deutscher Firmen wie Telekom und ThyssenKrupp genauer unter die Lupe nahm. Aufschlussreich ist vor allem die Tatsache, dass sich die Gewinnausschüttungen in private Hand im Vergleich zum Vorjahr nur um rund zwölf Prozent verringerten, obwohl die Aktienunternehmen 2009 insgesamt weniger Geld verdienten. Nur neun der Top-30-Unternehmen reagierten auf die Krise und schütteten weniger oder nichts aus. 13 Konzerne zahlen trotz Jobabbau dasselbe wie im Vorjahr oder sogar mehr.
Eines davon ist die Telekom AG. Sie nahm »nur« 353 Millionen Euro ein, überwies ihren Aktionären jedoch stolze 3,4 Milliarden Euro. Damit zahlte Europas größtes Telekommunikationsunternehmen zehnmal so viel Geld aus wie es unterm Strich eingenommen hat.
Ein betriebswirtschaftliches Husarenstück der besonderes Art haben auch die Aktionäre von Stahlgigant ThyssenKrupp hinbekommen. Im vergangenen Jahr erwirtschaftete der Global Player einen Verlust von 1,8 Milliarden Euro. Trotz des Minus wird großzügig verteilt – 139 Millionen Euro fließen auf die Aktionärskonten.
Kapitalkräftigen Aktienbesitzern scheint die Weltwirtschaftskrise nicht viel geschadet zu haben, der Kapitalismus funktioniert in ihrem Sinne. So liegt die durchschnittliche Dividendenrendite des HDAX – des Aktienindexes der 110 wichtigsten börsennotierten Unternehmen – mit heute 3,2 Prozent über dem Durchschnitt der letzten zehn Jahre. Beim Euro Stoxx 50 sieht es mit über vier Prozent noch besser aus. Für 2010 erwartet die Landesbank Baden-Württemberg bei den HDAX-Konzernen eine Dividendenausschüttung von 22,1 Milliarden Euro.
Wie in der Rezession der Jahre 2001 bis 2003 sind die Dividenden weniger gesunken als die Gewinne der Unternehmen. »Die Ausschüttungsquote im DAX steigt von 48 auf 62 Prozent«, bestätigt die DZ Bank den Trend gesamtgesellschaftlicher Umverteilung in die Taschen der Aktionäre. Im »gegenwärtigen Konjunkturzyklus« empfehlen Anlageberater wie BNP Paribas darum das »Setzen auf Substanz«. Wenn die Spekulationsblase geplatzt ist, muss wieder die Arbeitskraft in der Produktion herhalten: »In einer Welt mit niedrigen Wachstumsraten dürften Dividenden einen großen Teil des Gesamtertrags beisteuern«.
Gegenfinanziert wird die Ausschüttungspolitik der Großkonzerne durch einen enormen Stellenabbau – die Kosten trägt am Ende der Staat und damit die Gesellschaft. Die Telekom entließ im letzten Jahr 3,2 Prozent ihrer Gesamtbelegschaft, was rund 4000 Jobs entspricht.
ThyssenKrupp geht den gleichen Weg und streicht in Deutschland fünf Prozent seiner Belegschaft. Bei der Versicherung Münchener Rück sank die Zahl der Arbeitsplätze im Jahr 2009 um zwei Prozent, die Dividende stieg dagegen um 4,5 Prozent. Die Deutsche Bank feuerte bei weniger Gewinn ebenfalls massenhaft und entließ zwei Prozent ihrer Mitarbeiter, wobei sich die Dividende verdoppelte. Damit der Lkw-Hersteller MAN seinen Miteigentümern bei 258 Millionen Euro satte 297 Millionen auszahlen kann, setzte er allein in Deutschland rund sieben Prozent seiner Mitarbeiter auf die Straße.
Dass es auch anders geht, zeigen Unternehmen wie Infineon oder die Commerzbank, die ihre Renditen in schlechten Zeiten erst einmal aussetzten.
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