»Dunkles Tuch« überm Land

Thailands Regierung geht wegen Protesten gegen freie Medien vor

  • Mark Teufel
  • Lesedauer: 3 Min.
Seit über drei Wochen demonstriert in Bangkok die Vereinigte Front für Demokratie gegen Diktatur (UDD) für eine Auflösung des Parlaments und Neuwahlen in Thailand, da sie die durch das Militär an die Macht gebrachte Regierung für illegitim hält.

Trotz Hunderttausender Demonstranten auf den Straßen der thailändischen Hauptstadt waren bisher weder Tote noch Verletzte zu beklagen – im Unterschied zu den gewalttätigen Demonstrationen der extremnationalistisch-monarchistischen Volksallianz für Demokratie (PAD), die im Jahr 2008 die Regierungsgebäude und Flughäfen besetzt hatte. Aus deren Reihen stammt der heutige Außenminister und niemand wurde bisher für die Taten zur Rechenschaft gezogen. Das hat die Rothemden der UDD auf die Straßen getrieben.

Die Anhänger der Regierung beschuldigen die Demonstranten, mit bisher über 30 Anschlägen in Verbindung zu stehen, die seit Beginn der Proteste begangen wurden und mehrere Personen leicht verletzten, während die Demonstranten behaupten, dass diese durch die Regierung selbst inszeniert wurden, um die die Bürgerrechte einschränkenden Bestimmungen des »Gesetzes zur Inneren Sicherheit« exekutieren zu können. Das Gesetz war unter einer vom Militär eingesetzten Regierung im Jahr 2007 erlassen worden.

Am Mittwoch hatten sich die Demonstranten vor dem Parlament versammelt. Mit einem Lkw schoben sie Straßensperren zur Seite und drangen bis vor den Zaun des Grundstücks vor. Dann tauchten CS-Gasgranaten auf, die angeblich aus dem Inneren des Grundstücks auf die Demonstranten geworfen sein sollten, aber möglicherweise von Soldaten entwendet oder verloren worden waren. Dann waren einige wenige Rothemden plötzlich im Inneren bei den überraschten Reportern und begannen am Tor zu rütteln, das sich plötzlich öffnete und einen Schwall von Demonstranten in das Innere stolpern ließ. Keine Sicherheitskräfte waren zu sehen, obwohl 70 000 Soldaten in Bangkok stationiert wurden.

20 Demonstranten unter Kontrolle durch eigene Wachen und begleitet von einem der Protestführer gingen dann in das Parlament, um – wie sie sagten – den stellvertretenden Premierminister zu einer Stellungnahme über die Gasgranaten und ein ebenfalls entdecktes Sturmgewehr sowie eine Pistole im Gebäude zu befragen. Der Vize flüchtete jedoch mit Begleitern, die Maschinenpistolen trugen, in einem Armeehubschrauber. Das Tragen von Waffen ist im Parlament nicht erlaubt. Die Wachen der Rothemden überwältigen zwei Personen im Inneren des Parlaments, brachten deren Waffen zur Polizeistation am Eingang und erstatteten Anzeige.

Während der ganzen Zeit waren die Demonstranten vor dem geöffneten Tor geblieben. Die 20 Abgesandten waren nicht länger als 30 Minuten in dem Gebäude. Sie verließen dann das Haus und erklärten, weder Personen noch Sachen schädigen zu wollen.

Diesen Vorgang nahm die Regierung zum Anlass, den verschärften Ausnahmezustand auszurufen. Am Donnerstag wurden Anordnungen erlassen, die Internetseiten, Rundfunk- und Fernsehsender schlossen, weil diese »falsche Informationen« verbreiten würden. Jedoch waren Regierungsvertreter selbst mehrfach dabei ertappt worden, offensichtliche Falschinformationen verbreitet zu haben.

Der linke Politikwissenschaftler Giles Ji Ungpakorn erklärte: »›Prachatai‹, die einzige unabhängige Online-Zeitung in Thailand wurde geschlossen. Das Ziel ist, alle freien Medien zu schließen und ein dunkles Tuch über das Land zu werfen. Gleichzeitig wird dem faschistischen Sender ASTV erlaubt, sich für Gewalt gegen die Rothemden auszusprechen.«

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.
- Anzeige -

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.