Blockadeverbot bei Sachsenmilch
Bauern sollen Schadenersatz zahlen / Nach Urteil folgt Demonstration
Ab 11 Uhr wird auf der Straße An den Breiten in Leppersdorf heute demonstriert. Der Bund Deutscher Milchviehhalter lädt Landwirte zu der Protestaktion an der Stelle, wo Hunderte Bauern vor zwei Jahren aus Wut über niedrige Milchpreise drei Tage lang eine Blockade aufrechterhalten hatten.
Anlass für die heutige Demonstration ist ein Teilurteil des Landgerichts Bautzen in einem Verfahren, das die Sachsenmilch AG danach angestrengt hatte. Der Richterspruch bringt die Milchbauern erheblich in Harnisch. Schließlich verbietet er ihnen zum einen künftig jegliche Blockade der Molkerei, die zum Müller-Konzern gehört. Bei Verstößen droht ein Ordnungsgeld von bis zu einer Viertelmillion Euro oder ein halbes Jahr Haft für die Bauern oder die Chefs ihrer Verbände. Bereits im November hatte der Richter festgestellt, dass die Blockade nicht durch das Versammlungsrecht gedeckt gewesen sei, unter anderem, weil keine Plakate gezeigt wurden.
Der BDM vermag diese Argumentation nicht nachzuvollziehen. Er verweist auf die monatelange Debatte um Milchpreise und Forderungen insbesondere an Müller-Milch, die im Frühjahr 2008 als »maßgebliche Leitfigur eine deutliche Preissenkungsrunde für die Milcherzeuger eingeläutet« hätten. Die Forderungen an Müller – Mithilfe bei »den Markt bereinigenden Maßnahmen« – seien bekannt gewesen und hätten nicht gesondert auf Plakaten ausgewiesen werden müssen. Die Demonstration heute soll einem Aufruf zufolge unter Beweis stellen, dass sich die Landwirte »ihr Demonstrationsrecht nicht nehmen lassen«.
Bekräftigt wurde in der Protestankündigung auch die Überzeugung, man habe der Sachsenmilch AG »keinen Schaden verursacht«. Das sieht das Unternehmen anders: Im Bautzner Verfahren hat es gegen den BDM und weitere Verbände und Bauern Schadenersatzforderungen von exakt 620 409,06 Euro geltend gemacht, die ihm und weiteren auf dem Gelände ansässigen Firmen entstanden seien. In dem Teilurteil wurde jetzt entschieden, dass die Verbände prinzipiell zu Schadenersatz verpflichtet sind. Lediglich über die Höhe soll noch ein Gutachter befinden.
Bis abschließend über die Forderungen entschieden ist, kann noch viel Zeit vergehen. Wenn die Expertise vorliegt, müssen womöglich weitere Zeugen gehört werden. Er hoffe, dass das Verfahren in diesem Jahr fortgesetzt werden könne, erklärte der Richter; wann es abgeschlossen werden kann, ist völlig offen. Als gerecht empfinden die Bauern die jetzt erkennbare Tendenz freilich nicht. Das Gericht verkenne, heißt es in ihrer Erklärung, »dass der eigentliche Zwang von der Marktmacht der Konzerne ausgeht, die die Bauern in den Ruin treibt«.
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