- Politik
- 19. Ordentlicher DGB-Bundeskongress in Berlin
»Wir machen jetzt einfach«
Interview mit Christian Beck, Bundesjugendsekretär der IG Bauen, Agrar, Umwelt
ND: Sie haben am Montag an Michael Sommers Grundsatzrede kritisiert, dass sie sehr wenig über die junge Generation gehört haben. Was hat ihnen denn gefehlt?
Beck: Wie schaffen wir mehr Ausbildungsplätze, und wie eine gute Ausbildung, wie regeln wir die Übernahme? Zum anderen hat mir die Frage gefehlt, welche Perspektive junge Menschen in diesem Land haben, was wir als Gewerkschaften tun, um eine Perspektive für sie mit zu schaffen.
Und was sollte der DGB tun?
Die Gewerkschaften sollten eine Debatte darüber starten, wo es in diesem Land hingehen soll. Das kann nur der DGB als Dachverband initiieren. Ich glaube, dass wir im Jugendbereich einen guten Ansatz haben, aber wir dürfen bei der Jugend nicht aufhören. Die Krise ist irgendwann vorbei. Dann kommt die Frage, wie es weitergeht. Das müssen wir beantworten, sonst machen wir uns unglaubwürdig. Die Gewerkschaftsbewegung war immer dann am stärksten, wenn sie für klare Positionen stand, mit einem Ziel, wo es hingehen kann.
Sie haben auch davon gesprochen, klare Kante zeigen – und jetzt doch wieder nur Debatte?
Wir brauchen die Debatte am Anfang. Es bringt ja nichts, jetzt »Voran!« zu schreien und durch die Mauern zu brechen. Dann stehen wir da und fragen uns »Und jetzt?« Es muss ja auch wer mitgehen. Wir sollten einige Konflikte schärfer austragen, als wir es derzeit tun. Aber es ist viel schwerer und langwieriger, Vertrauen aufzubauen und den Leuten auch die Angst zu nehmen, als loszulegen. Wir müssen zu den Leuten hin, ihre Themen vor Ort, im Betrieb aufgreifen und aus diesen Themen die Leitlinien unserer Politik schaffen.
Wäre der politische Streik ein Mittel, um Konflikte schärfer auszutragen?
Ja, aber um gegen die Rente mit 67 zu streiken, brauche ich doch keinen Beschluss, dass das politisch ist. Unsere Kolleginnen und Kollegen in Frankreich, Italien und Griechenland warten ja auch nicht, sondern machen.
Im Gesetz könnte es aber helfen, Schadenersatzforderungen nach dem Streik zu verhindern.
Man muss doch nicht zu allem eine Gesetzesinitiative machen. Jede der im Bundestag vertretenen Parteien hat bewiesen, dass sie, wenn an der Regierung, zu irgendwelchen sozialen Schweinereien fähig ist. Wir haben im Moment von Staat und Parteien nicht allzu viel zu erwarten. Gewerkschaften sind, waren und bleiben Kampforganisationen und keine Debattierklubs. Es ist an der Zeit, dass wir mit der Jammerei aufhören und sagen, wir machen jetzt einfach. Statt mit eigenen Sachzwängen zu argumentieren, müssen wir Sachzwänge für die Arbeitgeber schaffen.
Fragen: Jörg Meyer
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