- Kommentare
- kommentiert
Bangkok räumt auf
Man stelle sich vor, das thailändische Drama hätte sich auf dem Globus ein paar Zentimeter weiter nördlich zugetragen: In Peking etwa hätten Bauern aus der Provinz – geführt von Intellektuellen und unterstützt von städtischen Niedrigverdienern – mit der Forderung nach ehrlichen Wahlen und materieller Teilhabe am Reichtum des Landes ein Geschäftsviertel besetzt. Nach zwei Monaten und zwei Dutzend Toten hätten Armee und Polizei dem »Chaos« mit Waffengewalt ein Ende bereitet. Die Zahl der Toten wäre auf 82 gestiegen, die der Verletzten ginge in die Hunderte.
Sich dies vorzustellen, erfordere nicht sehr viel Fantasie, wird mancher sagen. Bleibt also genügend Vorstellungskraft für die Beantwortung einiger Fragen: Wer in der »freien« westlichen Welt würde in solchem Falle die »unendliche Geduld« der betroffenen Regierung würdigen? Wer würde mitleidsvoll die wirtschaftlichen Verluste beklagen, die das Land in den zwei Monaten hinnehmen musste? Wer würde nach den Drahtziehern der Revolte im Ausland fragen und danach, wer die Besetzer für den Protest bezahlt? Wer würde die ehrliche Empörung und die friedlichen Absichten der Demonstranten bezweifeln und schließlich über das blutige Ende unter der Überschrift »Peking räumt auf« berichten, das »endlich« gerade noch unterdrückend?
Aber die Tragödie spielte sich in Thailand ab. Dessen Premier Abhisit Vejjajiva kann darauf verweisen, dass er von keiner ausländischen Regierung wegen der Armeeoperation verurteilt wurde. Schließlich hat er doch nur die eigene und die Macht der alten Elite erhalten wollen.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.