Alleingeburt ist keine Alternative

Hebammen sehen ihre Existenz bedroht und fordern Unterstützung vom Bundesgesundheitsminister

  • Silvia Ottow
  • Lesedauer: 2 Min.
In einer Unterschriftenaktion für den Erhalt ihrer Zunft im Internet beklagen die Dachorganisationen der Hebammen steigende Haftpflichtprämien bei unzureichender Vergütung. Gestern erörterten Vertreter des größten Verbandes ihre wichtigsten Forderungen mit Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler (FDP).
Hebamme Yvonne Schindei erklärt Entbindungsvarianten in einem Kreißsaal in der HELIOS Klinik in Berlin-Buch.
Hebamme Yvonne Schindei erklärt Entbindungsvarianten in einem Kreißsaal in der HELIOS Klinik in Berlin-Buch.

»Im Knien laut gestöhnt, nur einmal schnell den Schmerz weggedrückt, auf einmal kracht und platzt es in mir ..., da plumpst das Baby auch schon raus und schreit.« Die Textteile stammen aus der Beschreibung einer sogenannten »Geplanten Alleingeburt« in einem Internetforum. Eine Frau, die sich Dagmar nennt, erlebte sie zusammen mit ihrer erstgeborenen kleinen Tochter. Sie durchschnitt die Nabelschnur ihres zweiten Kindes mit einem Messer und setzte zwischendurch das Töchterchen aufs Töpfchen. »Alles selber machen dürfen ...herrlich!«, lautet ihr Fazit.

Der Deutsche HebammenVerband e. V (DHV) sieht in Alleingeburten und im wachsenden Angebot von Geburtsbegleiterinnen, sogenannten »Doulas«, einen neuen Trend. DHV-Präsidentin Martina Klenk führt ihn darauf zurück, dass sich bereits drei Viertel aller Hebammen aus der aktiven Geburtsbetreuung zurückzogen und schwangere Frauen mancherorts schon Mühe haben, eine Hebamme zu finden. Ein Grund ist die geringe Vergütung der insgesamt ca. 18 000 Kolleginnen. Sie wird seit 2007 von den beiden Berufsverbänden DHV und dem Bund freiberuflicher Hebammen Deutschlands (BfHD) mit den Krankenkassen ausgehandelt. Die letzten Gespräche, bei denen es um 15 Prozent mehr Geld ging, scheiterten. Doch das ist nicht das einzige Problem der Hebammen.

Vom 1. Juli an erhöht sich die Summe für die Haftpflichtversicherung auf 3700 Euro im Jahr, 2007 waren es 1200 Euro. Der Grund sind höhere Schadenssummen, so Martina Klenk, nicht etwa mehr Schadensfälle. Zum Schmerzensgeld kämen mutmaßliche Verdienstausfälle und lebenslange Betreuungsleistungen. Die DHV-Chefin hat bei ihrem Gespräch mit dem Bundesgesundheitsminister zwar nicht erreichen können, dass ihre Position gegenüber den Krankenkassen durch eine einmalige Gesetzeslockerung gestärkt wird, ist aber dennoch zuversichtlich. Rösler habe das Problem erkannt und sehe ebenfalls einen Handlungsbedarf, sagte Klenk gegenüber dem ND. So wolle er bei Gesprächen mit der Versicherungswirtschaft die Probleme der Hebammen ansprechen und auch für einen Runden Tisch unter Beteiligung mehrerer Bundesministerien zur Lösung der Probleme wolle er sich einsetzen. Die Internetpetition für die Hebammen haben nach Angaben des DHV inzwischen 96 000 Menschen unterzeichnet, damit steht sie an dritter Stelle aller je eingestellten Unterschriftensammlungen.

Übrigens zahlen Gebärende für eine Doula – das Wort kommt aus dem Altgriechischen und bedeutet so viel wie Dienerin – ca. 500 Euro, eine Hebamme bekommt für ihre Leistung bei einer Geburt die Hälfte. Als Doula kann arbeiten, wer ein Kind geboren und vier Wochenendkurse absolviert hat. Eine gut ausgebildete Hebamme kann sie gar nicht ersetzen.

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