Köhler gibt nach Kritik Amt auf
Bundesrepublik ohne Bundespräsident
Berlin (AFP/ND). Bundespräsident Horst Köhler ist nach der Empörung über seine Äußerungen zu Bundeswehr-Einsätzen überraschend zurückgetreten. Die Kritik an seinen Worten entbehre jeder Rechtfertigung, sagte Köhler am Montag in Berlin. Ein Nachfolger muss nun binnen 30 Tagen gewählt werden, die Amtsbefugnisse übernimmt zunächst Bundesratspräsident Jens Böhrnsen (SPD). Köhler hatte mit der Interview-Aussage für Empörung gesorgt, militärische Einsätze könnten auch den wirtschaftlichen Interessen Deutschlands dienen.
Köhler erklärte seinen Rücktritt mit sofortiger Wirkung auf einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz. Die Kritik an seinen Äußerungen lasse den »notwendigen Respekt« vor dem höchsten Amt im Staate vermissen. Er hob erneut hervor, er habe sich keineswegs für Bundeswehreinsätze ausgesprochen, die nicht vom Grundgesetz gedeckt seien. Er bedauere allerdings, dass seine Äußerungen zu Missverständnissen hätten führen können.
Kanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte, sie bedaure den Rücktritt »auf das Allerhärteste«. Köhler habe sie selbst erst um 12.00 Uhr darüber informiert, dass er zwei Stunden später zurücktreten wolle. Merkel versuchte nach eigenen Angaben ebenso wie FDP-Chef Guido Westerwelle vergeblich, Köhler von seinem Rücktritt abzuhalten. Er bedauere den Schritt »aus vollem Herzen«, habe ihn aber zu respektieren, sagte der Außenminister und Vizekanzler.
Nach Ansicht von SPD-Parteichef Sigmar Gabriel hat auch der fehlende Rückhalt in der schwarz-gelben Koalition Bundespräsident Horst Köhler zum Amtsverzicht bewogen. »Horst Köhler war kein bequemer Bundespräsident, und das wollte er erklärtermaßen auch nicht sein«, sagte Gabriel am Montag in Berlin. Für die Entscheidung über einen SPD-Kandidaten für das höchste Amt im Staat sei es noch zu früh. Die SPD könne »nicht aus dem Hut einen Kandidaten zaubern«.
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