Vergangenheit holt Sarkozy ein

Frankreich: Schmiergelder aus U-Bootgeschäft flossen in Parteikasse

  • Ralf Klingsieck, Paris
  • Lesedauer: 3 Min.

Durch einen jetzt bekannt gewordenen Untersuchungsberichts der Luxemburger Polizei könnte Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy von einem alten Politskandal eingeholt werden.

Die Affäre nahm vor 15 Jahren ihren Anfang. Dabei geht es um »abgezweigte« Millionen aus der Staatskasse und um elf Tote bei einem Mordanschlag in Karatschi. Bei den Verhandlungen über den Verkauf französischer U-Boote an Pakistan in den 90er Jahren wurden offensichtlich Mittelsmänner eingeschaltet, die sich verpflichteten, einen Teil ihrer Vermittlungshonorare auf Geheimkonten zu überweisen, die französischen Regierungspolitikern zur Finanzierung ihrer Wahlkämpfe dienten. Es ist dieselbe Vorgehensweise wie beim Skandal um die Mineralölfirma Elf, bei dem es um den Verkauf einer Raffinerie in Leuna und des Minol-Tankstellennetzes ging. Als Gegenleistung gab es verdeckte Finanzhilfen für deutsche Politiker. Auch die Lieferungen französischer Fregatten nach Taiwan und von Waffen nach Angola kamen nur gegen die Verpflichtung zu »Retro-Kommissionszahlungen« zustande.

Die Schwarzgelder aus dem U-Boot-Geschäft mit Pakistan sollen für die Wahlkampfkasse des Kandidaten Edouard Balladur bei der Präsidentschaftswahl 1995 bestimmt gewesen sein. Zum Zeitpunkt des U-Boot-Deals war er Premier und sein Budgetminister und designierter Wahlkampfchef hieß Nicolas Sarkozy. Dem Polizeibericht aus Luxemburg zufolge liefen die Gelder über zwei Gesellschaften in Luxemburg – Heine und Eurolux. Die Erlaubnis zu ihrer Gründung soll damals »direkt« vom Regierungschef Balladur und seinem Budgetminister Sarkozy gekommen zu sein, heißt es in dem Bericht.

Sarkozy hat den schon vor Jahren aufgekommenen Vorwurf, dass Balladurs Wahlkampf aus dem Waffengeschäft mitfinanziert worden sei, stets zurückgewiesen. Dabei hatten Nachforschungen zu teils haarsträubenden Erkenntnissen geführt. So behauptete Balladur auf die Frage nach der Herkunft von zehn Millionen Franc in bar auf sein Wahlkampfkonto, es handelte sich um »Spenden, die bei Meetings von Anhängern eingesammelt wurden«. Tatsächlich war die Summe aber nach Auskunft der Bank komplett in druckfrischen 500-Franc-Scheinen angeliefert worden.

Neu in die Schlagzeilen gekommen war die von der Justiz längst zu den Akten gelegte Affäre von 2002 nach einen Terroranschlag in der pakistanischen Hauptstadt Karatschi. Dabei kamen elf französische Techniker und Ingenieure ums Leben, die an der Inbetriebnahme der U-Boote durch die Marine des Landes beteiligt waren. Die Angehörigen der Opfer und ihre Anwälte vermuten als Motiv für das Attentat Rache pakistanischer Mittelsmänner, weil Jacques Chirac – ein erbitterter Gegner Balladurs – die Schmiergeldzahlungen abrupt hatte stoppen lassen. Eine Untersuchungskommission der Nationalversammlung, die 2009 auf Initiative der Opposition und gegen den Willen der Regierungskoalition einberufen wurde, tritt seit Monaten auf der Stelle. Die meisten Dokumente, die sie einsehen will, werden ihr vorenthalten, weil sie Fragen der nationalen Sicherheit tangierten. Hohe Beamte des Wirtschafts- und Finanzministeriums, die vor der Kommission Auskunft über die damaligen Verhandlungen mit Pakistan geben sollten, bekamen von ihrer Ministerin Christine Lagarde Redeverbot.

Nach der Veröffentlichung des Luxemburger Polizeiberichts hat Olivier Morice, der Anwalt der Anschlagsopfer von Karatschi, jetzt Sarkozy vorgeworfen, »im Mittelpunkt der Korruption« zu stehen, und den Rücktritt des Präsidenten gefordert. Die Regierung hat die Vorwürfe einmal mehr zurückgewiesen.

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