Wo sind nur die Gemeinsamkeiten?

Kritik an Ampel-Verhandlungen in NRW auch innerhalb von FDP und Grünen

  • Marcus Meier, Köln
  • Lesedauer: 2 Min.
Gestern begannen die Sondierungen über eine rot-grün-gelbe Koalition. Hauptproblem: FDP und Grüne sind sich spinnefeind. Nun suchen sie nach Gemeinsamkeiten – und fordern den jeweils anderen auf, er möge sich in ihre Richtung bewegen.

Am Sonntagmorgen um kurz vor sechs saß Arndt Klocke in seinem Garten in Köln-Nippes und durchsuchte das Wahlprogramm der NRW-FDP nach gelb-grünen Gemeinsamkeiten »neben dem Trennenden«. Offenbar wurde der Sprecher der NRW-Grünen fündig: »Grüne wollen sich auf Gemeinsamkeiten mit FDP konzentrieren«, so lautete gestern die Schlagzeile vieler Medien-Websites. Es war der Tag eins der Sondierungen über eine Landesregierung aus SPD, Grünen und FDP.

Die »Gemeinsamkeiten« mit den Wirtschafts-Liberalen sehen die NRW-Grünen, die früher als partei-links galten und lange Jahre ökosozialistisch dominiert waren, vor allem in den Bereichen Schul- und Innenpolitik. Gemeinsamkeiten in der Schulpolitik? Das zeugt von robustem Optimismus: Während die Grünen, ähnlich wie SPD und Linkspartei, eine Gemeinschaftsschule für alle Kinder fordern, wollen die Liberalen laut Wahlprogramm eine »behutsame Fortentwicklung unseres begabungsgerechten Schulsystems«. Sie trachten also danach, am dreigliedrigen Schulsystem festzuhalten.

Auch in den Bereichen Soziales, Mindestlohn, Energie, Staatsfinanzen und Verkehr trennen FDP und Grüne Welten. Parteispitzen wie Basis beider Parteien sind sich zudem in herzhafter Aversion verbunden. Nun wollen die Grünen »fair und offen« (Klocke) verhandeln, die Liberalen aber »ergebnisoffen und selbstbewusst«, so Landeschef Andreas Pinkwart.

Unterdessen muckt der grüne Parteinachwuchs auf: Eine Ampelkoalition solle »nicht um jeden Preis« angestrebt werden, sondern nur dann, »wenn zentrale grüne Forderungen umgesetzt werden«, mahnt Eike Block. Der Sprecher der Grünen Jugend NRW nennt vier Essentials: »die Abschaffung sämtlicher Studiengebühren, die Einführung einer Schule für alle, ein klares Nein zur Laufzeitverlängerung von Atomkraftwerken und eine deutliche Verbesserung der kommunalen Finanzausstattung«. Die FDP müsse zu einem »radikalen Politikwechsel« bereit sein, lasse aber bisher wenig Bereitschaft dazu erkennen.

»Nicht tragbar« für die Grüne Jugend ist ein von FDP-Landeschef Pinkwart vorgeschlagener Kompromiss zum Thema Studiengebühren. Pinkwart will die Gebühren, die er als Innovations-Minister einführte, auf 500 Euro halbieren. Zudem sollen, zwecks sozialer Abfederung der Kosten, mehr Stipendien vergeben werden. Bemerkenswert an der junggrünen Forderung ist, dass »sämtliche« Studiengebühren abgeschafft werden sollen. Das beträfe auch die von Rot-Grün 2003 beschlossenen Gebühren für Langzeitstudenten.

Auch in der FDP herrscht Skepsis: Einige befürchten ein »Krötenschluckprogramm«, andere fordern, dass die Grünen sich gefälligst auf die FDP zubewegen sollen. Zudem dürfe der »Markenkern« namens »Privat vor Staat« nicht in Frage gestellt werden, grummelt der Parlamentarische Geschäftsführer Andreas Witzel. Jungliberalen-Boss Henning Höne meint, die FDP dürfe nicht für eine »Rückabwicklungspolitik« schwarz-gelber Reformen in NRW zur Verfügung stehen.

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